Bergstolz Issue No. 102

64 ALASKA Bergstolz Ski & Bike Magazin • 12 | 2021 Leighan öffnet das Cockpit-Fenster ihrer einmotorigen de Havilland Canada DHC-3, manövriert routiniert zwischen den Granitzacken hindurch und wirft schwarze, beschwerte Beutel hinunter auf das makellose Weiß des Pika-Glaciers. Bleiben die Beutel an der Oberfläche liegen, kann der Landevorgang eingeleitet werden. Versinken sie aber im Schnee, muss abgebrochen und umgekehrt werden. Unsere Beutel werden vom Weiß der eingeschneiten Gletscherfläche verschluckt… Time matters: Happy Birthday Henry Chris und ich waren bereits 20 Stunden unterwegs, als wir in Seattle das letzte Mal den Flieger wechselten. Hier trafen wir auf den dritten im Bunde, Henry aus der Schweiz. Ein schnelles Bier auf das Wiedersehen und seinen heutigen Geburtstag und ab in den letzten Vogel dieser Tortur nach Anchorage. Ein paar Stunden später holte uns Papa Erik am Flughafen ab. Den Amerikaner hatte ich vor ein paar Jahren beim Skifahren an einem grausam schlechten Skitag in Kirgistan in einer Bar kennengelernt und eine innige Freundschaft hatte sich seitdem entwickelt. Am frühen Abend checkten wir übermüdet in ein schäbiges Motel in Anchorage ein. Eine kurze Nachricht an die Frauen daheim: „Gut angekommen!“ Unsere müden Knochen versinken in den super soften, amerikanischen Queensize-Betten. „Mit 32 Jahren darf man nach einer über 24 Stunden langen Anreise auch mal müde sein“, sagte ich auf Deutsch zu meinen Mitstreitern. „Das stimmt nicht ganz“, meint Henry und springt aus dem Bett. „10 Stunden Zeitverschiebung!“ Er hatte noch oder schon wieder Geburtstag. Ab in eine Bar – happy Birthday Henry. Der Jetlag griff, zweite Bar. Absacker bei indigenen Locals. Es war sechs Uhr morgens als wir wieder unser Motel erreichten. Alaska, here we are! Der nächste Morgen war ein Graus. Nach drei Stunden Schlaf fraß uns die bittere Realität und ohne Erik wären wir wahrscheinlich nie auf den breiten Highway in Richtung Talkeetna gekommen, dem letzten bewohnten Ort vor der unendlichen Weite des Denali Nationalparks. Talkeetna hat rund 1.200 Einwohner, von denen gefühlt keiner wirklich von hier ist. Dieses Hippie-Dorf der Neuzeit zieht seit jeher Aussteiger aus der ganzen Welt an. Wir fragen uns warum? Trostlos ist es hier: flach, keine Berge in Sicht, nasskalt mit matschigem Schnee. Im Sommer soll es hier viele Touristen geben. Im Winter waren wir die einzigen. Gut vorbereitet für ein Camp im Niemandsland Wir wollten plus/minus sieben Tage auf dem Pika Glacier ein Camp aufschlagen, um von dort aus Skitouren in Angriff zu nehmen. Der kalte, staubtrockene Schnee Alaskas ist der Traum jedes Skifahrers. Und doch geht dieser nur für die Wenigsten in Erfüllung. Denn in Alaska gibt es kaum Skigebiete und die besten Areas erreicht man sowieso nur per ultrateurem Heli-Skiing. Oder eben wie wir: auf einem Wintercamp im Ungewissen. LAST FRONTIER Gute Laune imAlaska-Eisknast // Foto: Chris Fuschlberger, Henry Snellmann, Bene Höflinger // Text: Bene Höflinger

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