Bergstolz Issue No. 103

48 TRAUMBERUF HEL IGUI DE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 01 | 2022 fenbar mangelt es nicht an Nachschub. Der Job ist beliebt.Was er denn mit dem restlichen Jahr anstellt, will ich wissen. „Nun“, meint der Vancouverianer, „ich hatte früher immer eine Praxis. Aber mittlerweile bin ich fünfundsechzig und nicht mehr so versessen auf Vollzeitarbeit. Daher jobbe ich freiberuflich in verschiedenen Krankenhäusern.“ An einem anderen Tag erfahre ich wieder einiges mehr über die Wiegele Truppe. Frühmorgens treffen sich die Guides zum sogenannten Guides Meeting. Dort werden Wetter, Schneebeschaffenheit, Luftdruck und vor allem die Lawinensituation besprochen. Hier in Kanada gibt es kaum staatliche Stellen, die das Skiunternehmen mit Infos unterstützen, sondern es ist eher umgekehrt. Daher das wiederholte Graben eines Lawinenprofils während unserer Runs. Auch was Wildbewegungen, deren Bestände und Zustand betrifft. Bei einer Abfahrt macht mich Jordan, der auch als Ranger fungiert auf ein Bearhole, ein Bärenloch aufmerksam. Mitten im steilen Wald deutet er sichtlich begeistert auf das kreisrunde Loch im Schnee. Vorsichtig blicke ich nach unten. Nach etwa drei Metern Schneedicke erkenne ich schemenhaft Felsen. Dort beginnt wohl die Höhle. Ein Kind könnte durch schlupfen. Am Rand ist es durch den Atem des Bären schon eisig. Oh oh! Nichts wie weg bevor wir ihn wecken. Offensichtlich ist bei Mike Wiegele das Guiden ein Job fürs Leben. Schon 1970 startete der gebürtige Kärntner selbst mit dem Heliskiing. Nun hat es sein fünfzigjähriges Jubiläum längst hinter sich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es hier noch so richtige alteingesessene Haudegen gibt. Da wäre zum Beispiel Bob Rawkin. Der führt schon seit 1990. Hat auch schon für James Bond Filme gedoubelt. Oder Erich Schachinger. Er ist mit vierundsechzig Lenzen immer noch in der rotbefrackten Aktivtruppe. Und zwar seit 1979. Geboren in Kanada, spricht er trotzdem durch seine österreichischen Eltern perfekt Tirolerisch. Gut möglich, dass dieser die meisten Vertical Feet auf der ganzen Welt durch das weiße Element in Pulverkonsistenz geschwungen hat. Und natürlich der bereits erwähnte Bill Mark. Er lebt hier seit 1987. Kam nach Kanada, um lediglich mal sechs Monate Ski zu fahren. Bill ist geblieben und bereits seit 1999 bei MW. Außerhalb der Saison hat er nicht weit zu seiner Sommerresidenz nach Whistler. Nun, wer sich als Skiführer trotz allem nicht angesprochen fühlt, kann sich auch als Mitarbeiter im Service bewerben. Auch diese dürfen nach einem großzügigen Verteilungsschlüssel ab und zu mit an Bord. Und wer weiß. Elias, der Chefguide aus Saalfelden hat seinerzeit schon nach einer Woche Aufenthalt eine Kanadierin kennengelernt. Schon bald folgt die Heirat. Immer noch der leichteste Schritt auf dem Weg zur Immigration in Kanada. 2021 verlor die Welt den Helipapst Mike Wiegele, der mit über achtzig Jahren verstarb. Sein Vermächtnis aber bleibt, und mit Sicherheit finden noch viele weitere Guides hier in Blue River ihr Glück und bleiben länger als gedacht – vielleicht für immer.

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