Bergstolz Issue No. 109

44 TRANS SALZBURGERLAND Bergstolz Ski & Bike Magazin • 07 | 2022 Etappe 2: Kolm Saigurn – Hoher Sonnblick – Heiligenblut Tag 2 hat einen echten Skitouren-Klassiker im Programm: Von Kolm Saigurn geht es auf den Hohen Sonnblick. Die Abfahrt führt durch das Fleißtal bis nach Heiligenblut am Fuße des Großglockners, seines Zeichens der höchste Berg Österreichs. Sandra, Sabine und Vicky fellen bei strahlendem Sonnenschein und in Begleitung von Hüttenhund Luna auf. Bald bewahrheitet sich allerdings die Wettervorhersage: Eisiger Sturmwind. Aber ein Zögern gibt es nicht, Schritt für Schritt setzen sie die Ski in den Schnee und über weite, unberührte Flächen, bis sie am 3.106 Meter hohen Sonnblick stehen. Dort geben sie ihre vierbeinige Begleiterin ab und machen sich in die Abfahrt: Mehr als 1.800 Tiefenmeter liegen vor ihnen. Luna nimmt für die Abfahrt allerdings die Materialseilbahn: „Wir mussten dem Hüttenwirt versprechen, dafür Sorge zu tragen, dass Luna per Seilbahn runterkommt und er sie nicht in Heiligenblut abholen muss“, erinnert sich Sandra. „In ihren jungen Jahren ist sie auch schon zwei Mal pro Tag auf den Hohen Sonnblick gelaufen – und wieder runter.“ Der Sturm ist Nachteil und Vorteil zugleich: Sabine, Sandra und Vicky haben den Hohen Sonnblick an diesem Tag für sich alleine. „So ganz allein am Gletscher die Skitourenspuren zu hinterlassen war schon etwas Einzigartiges. Auch etwas, das vermutlich nicht so schnell wieder kommt“, meint Sandra zu diesem Tag. Etappe 3: Heiligenblut – Biwak Kaiser-Franz-Josefs-Höhe Die geplante Königsetappe der Tour steht am Programm: Von Heiligenblut aus brechen die drei in der Dunkelheit auf, um ihr Tagesziel, die Oberwalderhütte, zu erreichen. Entlang der gesperrten Großglockner Hochalpenstraße und spätestens in der Tunnelgallerie zeigte es sich dann aber deutlich: Die wird nicht zu erreichen sein an diesem Tag, zu kritisch sind Schnee- und Lawinensituation. An einem der wärmsten Tage im Frühling 2020 steigt die Truppe komplett Ost- bzw. Südostseitig auf. „Wir haben schnell gemerkt, dass wir – auch wegen dem Filmen – nicht schnell genug sind“, erinnert sich Sandra. „Wir hätten Mittag ‚safe‘ sein müssen, deshalb wäre es schlichtweg dumm gewesen, noch weiter zur Oberwalderhütte zu gehen. Außerdem hat es uns schon auch ein bisschen gereizt, draußen zu schlafen, im Angesicht des Glockners…“ Etappe 3 ½: Biwak Kaiser-Franz-Josefs-Höhe – über Pasterze – Hufeisenbruch – Oberer Pasterzenboden – Obere Ödenwinkelscharte (3.228m) – Abfahrt über Ödenwinkelkees – Rudolfshütte Schon wieder sind Plusgrade angesagt. Die Nacht war kurz. „Aber geil! Wir hatten Sternenhimmel und ich bin immer mal wieder aufgewacht und hab zum Glockner raufgeschaut“, lässt Sandra das Erlebnis Revue passieren. „Schon ehrfürchtig, genial, was wir da oben erleben durften. Diese Stille, diese Einsamkeit, es ging nur ums Skitouren gehen und all unsere Gedanken waren auf die Tour und die Berge fokussiert: Wann gehen wir los – wie gehen wir – wie lang sind wir unterwegs, wo fahren wir ab… schon auch ein bisschen meditativ.“ Bei Tagesanbruch ist der Untere Pasterzenboden schon fast überquert. Unter den überhängenden Seracs des Hufeisenbruchs müssen Sabine, Sandra und Viktoria so schnell wie möglich durch. Es ist heiß, es ist steil, und für die Ex-Rennläuferin stellt diese Passage eine weitere Challenge dar: Sie ist noch nie mit Steigeisen gegangen. Sandra erzählt weiter: „Sabine und ich sind beide Skiführerinnen und hatten Verantwortung Vicky gegenüber. Vicky hat sich einfach voll auf uns verlassen, sie hat uns vertraut in jeder Sekunde der Tour und das war schon auch beeindruckend für mich. Sie hat uns, glaub ich, als ihre ‚Coaches‘ gesehen – das war sie gewohnt und sie hat darauf vertraut, dass wir – egal was und wie wir entscheiden – richtig und verantwortungsbewusst handeln.“ Etappe 4: Rudolfshütte – durchs Stubachtal - Manlitzkogel – Hinterglemm Die finale Etappe führt durchs Stubachtal auf den Manlitzkogel. Gestartet bei hochwinterlichen Verhältnissen landet die Crew im frühlingshaften Glemmtal bei Sulzschnee. Noch vor fünf Tagen waren die drei Skifahrerinnen vom Silberpfennig im Powder nach Kolm Saigurn abgefahren – und an diesem Tag wandern sie im Pinzgau los, bis sie den Schnee erreichen. Viel war passiert. „Ich hab mich immer wieder umgedreht und zurück geschaut – zurück zum Johannisberg, im Hintergrund der Glockner. Irgendwo noch weiter hinten der Sonnblick – egal wie viele Skitouren ich gehe – ich finde es immer wieder beeindruckend, wie weit man kommt, wenn man einfach nur geht“, sagt Sandra am Ende des Films. „Mit Skitourenski, auf Fellen. Und es gibt noch so viel mehr, was ich machen will, so viele Gipfel, so viele Touren, so viele Grate. Es gibt noch so viel, was ich lernen und machen will. Irgendwie ist jedes Jahr als Skifahrerin anders – früher war es die permanente Suche nach dem perfekten Powder, nach der perfekten Abfahrt. Aber das ist es nicht mehr – für mich. Es geht viel mehr um das Gesamterlebnis in den Bergen, etwas zu erleben, machen zu können und – machen zu dürfen.“

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