Bergstolz Issue No. 109

R I DERPROFI LE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 07 | 2022 RICHARD PERMIN „Mein Herz hat schon immer für das Backcountry geschlagen“ Alter: 37 Homespot: Glacier 3000, Schweiz Sponsoren: Dynastar, Lange, Look, 100%, Moncler, Glacier3000, B-hive, Alpinov Highlight: In den letzten 10 Jahren mehrere Filmsegmente mit Matchstick Productions und Good Morning gedreht zu haben. Ziele: Aktuell habe ich zwei Projekte am Laufen, plus einen Dokumentarfilm gemeinsammit einem anderen Skifahrer. Media: @richardpermin Foto:www.redbull-photofiles.com Foto: Alain Sleigher 47 Von A wie Mark Abma bis Z wie Kaj Zackrisson – die Rider in Matchstick Productions Filmen lesen sich wie das Who-isWho der Freeride-Geschichte: All-time Heroes wie Eric Hoji Hjorleifson, Sean und Callum Pettit, Chris Davenport, Cody Townsend, Tanner Hall, Michelle Parker, Markus Eder, Ingrid Backstrom oder Sam Anthamatten wechseln sich ab mit Legenden von Shane McConkey über Seth Morrison bis zu JP Auclair. Mittendrin statt nur dabei und mit schlichtweg atemberaubenden Filmsegmenten in Superheroes of Stoke oder Days of My Youth: Der Franzose Richard Permin. Während seines minutenlangen Opening Segments 2012 in Superheroes of Stoke, in dem Richard Permin eine unfahrbar geglaubte Alaska Spine nach der anderen runterrast, überschlagen sich seine nicht minder bekannten Kollegen fast vor Lob. „Richard macht mir manchmal richtiggehend Angst“, hört man Mark Abma sagen. „Er fährt diese unglaublichen Big Mountain Lines und springt unfassbar hohe Cliffs. Und es sieht nicht so aus, als ob er sich über seinen Körper richtig viele Gedanken dabei macht.“ Die Einstellung eines Richard Permin mit Cut am Auge folgt. Auch Cody Townsend spart nicht mit Anerkennung: „Ich habe ihn vor vier Jahren in Alaska kennengelernt, es war sein erstes Mal dort. Er war dieses Kid aus Frankreich, das sich vor lauter Nervosität die Fingernägel abgekaut hat. Und jetzt ist er einfach unglaublich!“ „Ich habe mich so früh wie nur irgend möglich demBig Mountain Skifahren verschrieben“, sagt der heute 37-Jährige Franzose selbst dazu. „Mein Herz schlägt für das Backcountry.“ Dass er überhaupt sein Leben als Freeride-Profi bestreiten würde, war ihm jedoch nicht von Beginn an in die Wiege gelegt worden. Geboren und aufgewachsen in der Großstadt Lyon, mehr als eine Autostunde von den nächsten Skigebieten entfernt, entfachte sein Stiefvater die Liebe zum Skifahren: „Er fuhr leidenschaftlich gerne Ski und nahm mich immer mit“, erinnert sich Richard. „So konnte ich, bis ich ungefähr 15 Jahre alt war, eigentlich den ganzen Winter jedes Wochenende zum Skifahren gehen.“ Dann kamdas Ganze erst richtig in Fahrt: „Ich ging zumLa Clusaz Sports Club und begann mit Freestyle Contests. Die größten, an denen ich je teilnahm, waren sicher die X-Games, das Red Bull Linecatcher and Cold Rush.“ Aber Richard wollte nur raus ins Backcountry, und diesen Weg ging er konsequent bis nach Alaska, die Krönung eines Freerider-Daseins. „Ich empfinde Ehrfurcht, wenn ich über die endlosen Gipfel und Gletscher hinweg fliege“, sagte er einmal in einem Interview. „Alaska ist radikal, schnell und effizient. Der feuchte Pazifikschnee klebt an den Hängen. Dadurch kann man Lines fahren, die in Europa viel zu riskant wären“, erklärt er die Faszination Alaska. Die ihm allerdings auch die schwerste Verletzung seiner Karriere eingebracht hat: „Beim Dreh zu Days of My Youth stand ich mit Markus Eder oben und hatte ein schlechtes Gefühl. Ich bin trotzdemgefahren, heftig gestürzt und eine Lawine hat mich erwischt. Einer Klippe konnte ich gerade so ausweichen, nur um direkt auf einen Felsen zu treffen. Ich brach mir Zähne aus, zog mir Knochenbrüche zu und musste mit vielen Stichen genäht werden. Ich hatte Glück, dass ich es überlebt habe“, erinnert er sich. Andere würden nach einemsolchen Erlebnis kürzertreten, es langsam angehen lassen – nicht so Richard. Spätestens mit seinem „Good Morning“, einem Vierminüter, in dem er die Hoteldächer in Avoriaz als seinen persönlichen Spielplatz inszeniert, zeigte er der FreeskiingWelt, dass er auch abseits AKs noch einiges auf Lager hatte. Heute hat er seine Homebase im Glacier 3000-Gebiet in der Schweiz aufgeschlagen. „Zehn Jahre lang habe ich nach immer steileren Lines gesucht, mein Ziel war es, den Berg zu besiegen. Jetzt ist mein Zugang ein anderer: Ich achte die Berge, ich genieße sie und möchte wieder mehr für mich fahren“, erklärt Richard, warum es ihn wieder nach Europa zurückgezogen hat. „Zehn Jahre lang bin ich dem Schnee quer über den Erdball nachgeflogen. Jetzt mache ich es anders: Ich setze mir Ziele und warte, bis die Bedingungen dafür optimal sind.“ Das bedeutet aber keineswegs, dass man auf neues Filmmaterial von ihm verzichten muss. „Ich versuche, die Verbindung zwischen Skifahrer und Filmer zu perfektionieren“, meint er in seinen „Chroniques d’hiver“, die er gemeinsammit Regisseur Maxime Moulin umgesetzt hat. „Den Teamspirit beim Filmen habe ich immer geliebt, das hat mir stets viel mehr gegeben als jede Trophäe“, führt er aus. „Deshalb freue ich mich, in diesem Winter an zwei eigenen Projekten und zusammen mit einem anderen Skifahrer an einem Dokumentarfilm zu arbeiten.“ MSPs Kinofüllende Filme sind das Größte, was es im Freeride-Bereich gibt. Und dennoch wirkt Richard Permin diesem Format entwachsen: „Mir geht es darum, Erlebnisse zu erzählen. Nicht immer sind die Bedingungen gut, und nicht an jedem Tag gibt es hüfttiefen Powder. Trotzdem ist jeder Skitag wundervoll für mich – denn das ist meine Leidenschaft.“

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