18 CROSS TYROL Bergstolz Ski & Bike Magazin • 07 |2023 Die Ursprungsidee für dieses Abenteuer entstand bereits im Jahr 2019, als Martin Kogler und Lukas Mühlmann am Stubaier Gletscher realisierten, wie nah das nächste Skigebiet Sölden lag, und wie man mehrere Skigebiete in Tagesausflügen miteinander verbinden könnte. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelte sich die Vision, das gesamte Bundesland von Ost nach West zu durchqueren, und das ganz ohne den Einsatz von straßenbasiertem Transport. Einige Etappen schienen in der Planungsphase besonders anspruchsvoll, aber da muss man einfach durch. Zwei Wochen vor dem Start traf die größte Enttäuschung ein: Martin Kogler rief aus dem Sanatorium Kettenbruckein Innsbruck an und teilte die Nachricht vom gerissenen Kreuzband mit. Es schien, als wäre das Projekt für ihn in dieser Saison beendet. Die Mountain Tribe Crew entschied sich daraufhin, die Tour auf zwei Jahre zu verteilen, um Martin die Möglichkeit zu geben, im zweiten Jahr gemeinsam die Gipfel im Westen Tirols zu erleben. Ein paar Tage später war es so weit, und die Crew startete von Fieberbrunn aus ins Abenteuer. Die ersten Tage verliefen problemlos, auch wenn die 70 km bis Silberleiten, dem ersten größerem Stopp, lang waren und Aktivitäten von bis zu 16 Stunden pro Tag erforderten. Doch die anfängliche Begeisterung und Motivation schienen anzuhalten. Das erste Highlight, der "Gabler", stand bevor. Majestätisch ragte er am Talschluss empor. Für Flo Gassner war es von besonderer Bedeutung, diesen lang ersehnten Berggipfel zu erobern, da er als kleiner Junge in dieser Gegend das Skifahren erlernt hatte. Das Ziel des ersten Jahres war Steinach am Brenner, an dem die Tour endete und im nächsten Jahr, gemeinsam mit Martin, fortgesetzt werden sollte. Die verbleibenden 95 km bis nach Steinach stellten eine beträchtliche Strecke dar. Das Skiliftnetz, das sich über die Gipfel und Täler spannte, erleichterte die Distanz erheblich, sodass sie in zwei Tagen von Silberleiten nach Steinach am Brenner gelangen konnten. Mit Rucksäcken von ca. 26 kg pro Person startete der erste Tag des zweiten Jahres, geprägt von 28 km Fußmarsch und einem Anstieg von 1.580 Höhenmetern. Dieser Tag war einer jener Momente, in denen man den Sinn des Projekts in Frage stellt. Der Aufstieg vom Bahnhof Steinach am Brenner zur Bremer Hütte erwies sich als lang und nervenzerreibend. Dies lag nicht nur am Schneemangel und der zusätzlichen Strecke, die nicht wie geplant auf Ski zurückgelegt werden konnte, sondern zu Fuß. Ebenso stellte der vielerorts schneefreie Aufstieg zur Hütte eine Herausforderung dar. Nach einem Start im Dunkeln erreichte die Crew nach 13 Stunden das Tagesziel und ahnte nicht, dass eine heranziehende Schlechtwetterfront am nächsten Tag eine enttäuschende Wendung erfordern würde. Vali empfand es als eine Art Niederlage, als die Gruppe ins Stubaital gezwungen wurde und das beeindruckende Becherhaus mit seiner atemberaubenden Aussicht ausgelassen werden musste und stattdessen die restliche Strecke im Stubaital entlang der Straße zurückgelegt werden musste. "Es war enttäuschend", sagte er, "mit den Skiern wieder am Rucksack die Straße entlangzugehen und auf das Becherhaus verzichten zu müssen, aber es war die richtige Entscheidung an diesen Tag." Das nächste Highlight, die Wildspitze, der höchste Gipfel Tirols, stand an. Die Crew war nach ihrer Ankunft in Sölden vom Stubaital aus wieder voller Energie und Motivation. Trotz des starken Windes und der schlechten Sicht gestaltete sich der Aufstieg zur Wildspitze schwierig, daher mussten sie abermals eine Alternative wählen und diese hieß: Abwarten bis zum nächsten Tag in der Hoffnung auf besseres Wetter. Aber auch am nächsten Tag war keine Besserung in Sicht. Der Schneefall und der Wind über Nacht zwangen die Bergbahnen dazu, sogar den Betrieb einzuschränken. Dadurch musste die Crew zu Fuß von der Schrägbahn starten und somit begann der Tag im Sturm, ohne Sicht, entlang der Pistenbegrenzungen bis zum Mittelbergjoch zum freien Skiraum am Gletscher. Martin kommentierte: "Es wurde von niemandem ausgesprochen, aber jeder hoffte, dass nach all dem Pech mit dem Wetter bisher, dieser Tag der sein wird, an dem sich das Wetter zur Abwechslung auf unsere Seite stellen wird." Und genau so geschah es! Das Wetter wurde fast minütlich besser. Die Crew war als Seilschaft allein im Aufstieg und spurtete den sonst von hunderten Menschen pro Tag begangenen Berg nach dem frischen Schneefall vor. Mit dem ungewohnten Gefühl, dass sich Situationen auch mal zu Gunsten der Crew ändern können, juchzten die Freerider am Gipfel des höchsten Bergs Tirols vor Freude! Der Gepatschferner, der größte Gletscher Tirols, erstreckt sich majestätisch über 18 km² und ist nicht nur ein Naturwunder, sondern auch ein kostbares Gut, das höchsten Schutz verdient. Diejenigen, die bereits eine Tour in dieser Region unternommen haben, wissen um die unvergleichliche Schönheit dieser
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