24 1000 DAYS Bergstolz Ski & Bike Magazin • 07/2024 Er trainiert sich selbst – seinen Körper und vor allem seinen Geist. Und so steht er nun, genau 1000 Tage nach seinem Unfall, wieder am Ausgangspunkt einer Skitour. Zusammen mit Skitouren-Kollege Fabio Keck und einem Filmteam. Zweifel kreuzen Chris‘ Gedanken: „Bin ich der Tour gewachsen? Was, wenn ich es nicht schaffe?“ Doch dann geht er los. Setzt einen Schritt vor den anderen. Nur nicht nach links und rechts schauen, nicht grübeln, sich nicht vom Weg abbringen lassen. Einfach Vertrauen haben. Mit jedem Schritt, den sich Chris emporschraubt, sammelt er Zuversicht. Zuversicht, dass er dieser Tour gewachsen ist, dass es heute läuft und dass es ein toller Tag wird. Das Glitzern des Schnees, die klare Luft und endlich wieder diese Ruhe im Kopf. Das gibt Selbstvertrauen. Nach 1000 Tagen steht er dort, wo man ihm prophezeit hat, dass er niemals wieder stehen würde: am Gipfel eines Berges – erklommen auf Ski. „Surreal“ fühlt sich das an und „unpackbar“. Es ist Chris‘ ganz persönlicher Olympiasieg. Was zählt, sind nicht die Höhenmeter, die Schwere der Tour oder der Vergleich. Es zählt einzig und allein, hier zu stehen, es bis hierhin geschafft zu haben. Allen Behauptungen zum Trotz. Und das mit Menschen, die man gerne mag. Heute hier am Gipfel – 1000 Tage nach seinem Unfall – ist Chris ein anderer Mensch. „Nicht mehr so ein arger Trottel wie vorher“, meint er nachdenklich. Oder einfach ein Mann, der Abgründe kennengelernt und sich aus diesen konsequent, Schritt für Schritt und mit dem festen Glauben daran, dass es gut wird, herausgekämpft hat. Denn damit, so ist Chris überzeugt, lässt sich jede Krise im Leben meistern. Mit der festen Überzeugung, dass es gut wird und dem nötigen Aktionismus. Nur nicht stehen bleiben. Nur nie umdrehen. Auch wenn es schwierig wird. So wie auch heute – denn der schwierigste Teil der Tour steht noch bevor: die Abfahrt. Der Teil, bei dem vor so vielen Tagen der Unfall geschah. Der Teil, welcher sein Leben schlagartig veränderte. Chris schultert seinen Rucksack und macht sich bereit. „Ready, Dropping in 3, 2, 1…“ Ein kurzer Moment des Zauderns. „Hallo, fahr ma?“, fragt Fabio. „Ja, fahr ma“, sagt Chris – und fährt los. Hinein in den weißen Powder. Und hinaus aus den schwarzen Gedanken an den Unfall und dem „Was wäre, wenn?“. Und dann, auf einmal, ist alles, wie es immer war. „Die Abfahrt hat sich einfach ziemlich gut angefühlt“, erinnert sich Chris später. „Und der Moment, in dem ich unten war, der ist einfach nicht in Worte zu fassen.“ Nicht in Worte zu fassen – das ist eigentlich die ganze Geschichte von Chris Ebenbichler. Der Weg, den er in diesen 1000 Tagen zurückgelegt hat. Das Auf und Ab aus Erfolgserlebnissen und Niederschlägen. Das sich immer wieder aufrappeln, nicht aufgeben und sich jeden Tag aufs Neue motivieren. Das, was möglich ist, wenn man nur fest daran glaubt und alles dafür gibt.
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