24 MOUNTAINTRIBE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 06/2025 Doch so poetisch diese Vorstellung klingt, so selten ist ihre perfekte Umsetzung. Wer in den Alpen unterwegs ist, weiß, dass Schneelage, Exposition, Wetter und Zeit kaum jemals in Harmonie zusammentreffen. Besonders der vergangene Winter machte es Freeridern schwer: sehr warm, wenig Niederschlag, bei Weitem weniger Dreamlines, die gefahren werden können. Trotzdem wagten sich die Jungs von Mountain Tribe, Andri Bieger, Martin Kogler und Vali Werner-Tutschku, genau dieser Herausforderung zu stellen. Ihre Suche nach Perfektion und dem einen, fast unwirklichen Moment führte sie über vereiste Nächte, mühsame Aufstiege und gescheiterte Pläne – bis schließlich doch einzelne Lines möglich waren. GOLD erzählt von der Jagd nach dem Unplanbaren und der Seltenheit von absoluter Perfektion. Die Faszination an der Perfektion Für Freerider hat das Wort „Gold“ viele Bedeutungen. Da ist das „weiße Gold“ des Winters, der Schnee selbst, und da ist die Goldene Stunde, in der dieser Schnee in einem besonderen Licht erstrahlt. Was im Alltag schnell als Floskel daherkommt, wird im Gebirge zur existenziellen Erfahrung. Die perfekte Linie im perfekten Licht – mehr Erfüllung kann man als Freerider kaum finden. Doch genau diese Kombination macht den Reiz aus, denn sie ist praktisch nie planbar. Auch wenn manchmal viele Faktoren dafürsprechen könnten, bleibt immer ein Rest Ungewissheit dem man Richtung Gipfel entgegengeht. Mountain Tribe nahm sich das Spiel mit dieser Unsicherheit als Konzept für den neuen Freeridefilm. Ihr Ziel: jene wenigen Minuten sichtbar zu machen, in denen alles ineinander fällt. Derer vergangene Winter stellte die Crew auf eine harte Probe. Viele der legendären Routen – Klassiker mit idealer Ausrichtung – blieben unbefahrbar. Der Mangel an Schnee ließ selbst die „sichersten“ Pläne zum Erfolg teilweise zerfallen. Von großen Klassikern gelang die Abfahrt der Cima di Rossa Nordwand. Schlaflose Nächte Der Film zeigt Abfahrten, die nur gelangen, weil die Athleten sich auf den Rhythmus der Nacht eingelassen haben. Aufstehen, wann andere gerade schlafen gehen, stundenlange Zustiege im Dunkeln, bevor das erste bisschen Licht auftaucht. Außerhalb des Zeitplans zu sein heißt, entweder verschwitzt in der Kälte ausharren zu müssen oder die perfekten 5 Minuten zu verpassen – und somit wäre eine ganze Mission für die Katz. Wenn alles bis hierhin funktioniert, die Sonne es dann über die Gipfel schafft, das Licht verändert dann heißt es mit dem Drücken des roten Knopfes auf der Kamera: 3 – 2 – 1 - Drop in! Auch am Abend wiederholt sich der Auftrag. Kurz bevor der Schatten die Bergflanken hinaufkriechen, zählt wieder jede Minute, fast schon jede Sekunde. Sobald das Licht den Outrun der Line erreicht, geht’s es los. Ein anderer Blick aufs Freeriden Doch GOLD wollte mehr sein als ein klassischer Freeridefilm mit Abfahrten in schöner Abendsonne. Paul Schweller, der Regisseur und Kameramann entschieden sich für einen gewagten künstlerischen Ansatz. Neben konventionellen Kameras kamen Wärmebildsysteme und Wärmebilddrohnen zum Einsatz. Was zunächst technisch klingt, entfaltet auf der Leinwand eine fast surreale Wirkung, als wäre es ein Videospiel: Skifahrer erscheinen als leuchtende Silhouetten, Bewegung und Wärme verwandeln sich in grafische Elemente. Temperaturunterschiede, selbst innerhalb der Schneedecke werden sichtbar, Wärme und Kälte formen den Film genauso stark wie Licht und Schatten. Damit rückt das Projekt die vertraute Bergwelt in eine Illusion.
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