Bergstolz Issue No. 80
44 AOSTA Bergstolz Ski & Bike Magazin • 12 | 2018 harschschicht frieren wird, entkräftet der Berg- führer mit einer lässigen Handbewegung. Wir fliegen bis auf eine Höhe von dreitausendsieben- hundert Metern. Da wird das schon noch passen. „Dein Wort in Gottes Ohr“, denke ich mir. Somit endet der erste Skitag ungewohnt früh. Da die üblichen Apré Ski Zerstreuungen hier gänzlich wegfallen, beschäftigen wir uns mit bescheide- nen Tätigkeiten wie Emails abfragen, Cappuccino trinken und die Vorfreude auf ein leckeres italieni- sches Abendessen. Am nächsten Morgen geht alles deutlich schnel- ler. Die Sachen sind noch weitgehend vom Vortag gepackt und man weiß schließlich schon, was zu tun ist. Routine sozusagen. Das ist auch gut so. Denn heute ist unsere Gruppe größer. Da nicht mehr Gäste in den Hubschrauber passen, werden die Gruppen einzeln geflogen. Trotz Befürchtun- gen müssen wir kaum warten.Während ein Team Ski fährt, bekommt das andere seinen Lift. Nach ein paar Runs ist man sogar froh, mal seine mitt- lerweile weichen Oberschenkel etwas länger aus- zuschütteln. Philipp meint hierzu: „Jetzt sind wir schon zum Heliskiing zu faul. Jammern auf hohem Niveau!“ Tatsächlich ist der Schnee heute einen Tick bo- ckiger. Aber es lässt sich immer noch fein schwin- gen. Es ist vorteilhaft, die Geschwindigkeit ein wenig zu erhöhen. Den Ski laufen lassen. Aber das geht halt in die Beine. Die Runs haben auch heute Namen: Ormelune und Rabuigne. Bei unserer letzten und steilsten Abfahrt muss der Heli so nahe an die Felswand, dass man meinen könnte, die Rotorblätter berüh- ren um Millimeter fast den Fels, während die Hälfte der Kufen noch frech über dem Abgrund schweben. Dementsprechend froh sind wir, schnell aus dem Fluggerät zu kommen und be- obachten sorgenvoll, wie das Ungetüm buch- stäblich rückwärts wieder ausparkt. Doch bei der Abfahrt werden wir belohnt. Das steile Gefälle, offenbar hat Marco Vertrauen zu unseren Skiskills gefasst, lockt zu radikalen Schwüngen. Ich beob- achte wie Frank sein Tool brachial in die Kom- pression presst, um bei jedem Schwung von einer wütenden Pulverschneefontäne verfolgt zu wer- den. Wie oft bei der letzten Abfahrt versuche ich, so viel wie möglich mitzunehmen. Nicht nur den Skispaß, sondern auch einen kräftigen Happen Natur. Mit einem Auge in Fahrtrichtung, mit dem anderen auf den umliegenden Bergen, den bizar- ren Gletschern und den eisigen Felskronen bal- lere ich gen Tal. Wie schade, dass wir am nächsten Tag wieder zu- rück fahren. Das Wetter soll aber eh schlechter werden. Am folgenden Morgen ist es dann auch durchwachsen. Frank und Jahn bleiben noch zwei Tage. Wollten sich heute aber eine Auszeit gön- nen und am Folgetag soll es auch wieder besser sein. „Wir werden uns mit unseren heimischen Chiemgauer Alpen trösten“ meinen wir beim Ab- schied mit einem Augenzwinkern. Gelegenheit haben wir noch genug. Es ist ja erst Ende Januar.
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