Mountain Tribe – Home Stories
Wenn man „Tribe“ aus dem Englischen übersetzt, bedeutet das Wort nicht mehr als Volksstamm, für uns steht der Begriff aber für einiges mehr: Für die gesamte Lebenseinstellung, das offene Miteinander und den Zusammenhalt der Freeride Community, durch den wir als Gruppe erst zusammengefunden haben. „Wir“ sind der Mountain Tribe, eine Gruppe von Freunden, die gemeinsam Spaß am Berg haben und die Leidenschaft fürs Freeriden in Filmen festhalten möchte.
Als einer der wenigen deutschen Nachwuchsfahrer im Freeridebereich fühlt man sich anfangs vielleicht exotisch, je länger man dann dabei ist, umso familiärer empfindet man Umgangston und Atmosphäre in der Community. Und desto enger werden die Freundschaften. Je älter man wird, desto konkreter werden auch die Träume und Wünsche, und so kam es – aus unserer Sicht – wie es kommen musste: Wir gründeten eine Filmproduktion! Sie sollte den Namen Mountain Tribe tragen, denn eines war klar: Es durfte nicht einfach nur der Name des Unternehmens sein, sondern sollte auch unsere Herangehensweise ans Freeriden und unser Zusammengehörigkeitsgefühl als Gruppe widerspiegeln – Tribe eben. Also machten wir uns ans Werk…
Rückblende. Einige Wochen zuvor wurde ich von einem Jungspund gefragt, wie man dazu kommt, Freerider zu werden. Ich dachte mir: komische Frage und antwortete ihm ziemlich schlicht. Irgendetwas an seiner Frage ließ mich aber nicht los. Mir wurde bewusst, dass auch ich vor nicht allzu langer Zeit noch nie etwas von den „Open Faces“ Wettbewerben oder der "Freeride World Tour" gehört hatte. Ich stand zwar mit zwei Jahren schon auf Ski und war auch bald im Gelände unterwegs. Bei meinen Eltern hieß das aber noch nicht Freeriden, sondern Tiefschneefahren oder „Powdern“. Die zehnte Klasse verbrachte ich bei einer Gastfamilie in Kanada und hatte dort das Glück, die verrücktesten Skifahrer der Schule kennenzulernen. Sie zeigten mir, dass man abseits der Piste nicht nur im Kurzschwung durch den Tiefschnee wedeln, sondern auch mit größeren Schwüngen und Tempo durch den Powder gleiten konnte. Das Fieber packte mich und mit den ersten Cliffs und Tricks folgte mein erster Contest. Ein unvergesslicher Winter!
Wieder daheim meldete ich mich sofort beim ersten Junior Contest in Österreich an. Alles war neu und super aufregend, fremd habe ich mich aber nie gefühlt. Ich wurde herzlich in der Szene begrüßt, fand neue Freunde und Leute, die genau wie ich für die Freiheit am Berg brennen. Leider machte mir ein gebrochener Knöchel in meinem ersten Wettkampf einen Strich durch die Rechnung und die Saison war für mich gelaufen. Eines war für mich aber sicher: im darauffolgenden Winter möchte ich auf jeden Fall wieder Teil dieser Gemeinschaft sein!
Neue Saison, neues Glück. Ich wollte voll angreifen und vor allem wieder mit meinen neuen Freunden Zeit am Berg verbringen. Das Highlight dieser Saison war mit Sicherheit der Open Faces Junior Wettkampf in der Axamer Lizum, bei dem ich gemeinsam mit meinem Kumpel Ben Hotter auf dem Podest stehen durfte. Kurz danach lernte ich Valentin Werner-Tutschku kennen. Wir waren durch Zufall in derselben Unterkunft und dazu die einzigen Gäste. Der anschließende Contest war der Beginn meiner wohl engsten Freundschaft, die heute weit über das Skifahren hinaus geht.
Für uns bedeutet "Tribe" mehr als nur "Stamm". Der Name soll für die gesamte Lebenseinstellung, das offene Miteinander und den Zusammenhalt der Freeride Community stehen.
Es vergingen einige Wochen bis die Message, die wir mit dem Film erzählen wollten, stand: Zwei Studenten, die dem Alltag entfliehen wollen, nicht in einen Flieger steigen müssen, sondern durch den Spaß am Skifahren eine tolle Zeit am Berg erleben wollen. Letztes Jahr fassten Vali und ich den Beschluss, zusammen einen Film zu produzieren. Wir MUSSTEN einen Film produzieren! So lernten wir Paul Schweller und Leon Golz kennen. Die beiden hatten zwar schon mehrere Filmprojekte hinter sich, doch das Filmen im Schnee war für sie Neuland. Das Problem war: wir hatten weder Budget, noch einen wirklichen Plan! Erfreulicherweise waren die Jungs trotzdem motiviert, etwas auf die Beine zu stellen. Nach einem kleinen Dreh am Gletscher verstanden wir uns super und schmiedeten die ersten Pläne für den Winter. Zum Glück hatten alle Beteiligten beim fettesten Dump der Saison Zeit!
Unser erster Drehtag stand vor der Tür! Das Auto bis zum Anschlag mit Equipment vollgepackt, ging es von München aus los. Treffpunkt und Unterkunft war Valis WG in Innsbruck. Ziel: Axamer Lizum! Der lichte Wald hatte sich in ein Powder Paradies verwandelt. Nicht unweit von der Piste fanden wir den perfekten Spot, nutzten den Tag und filmten bis in die Dämmerung. Nach Valis „Spezieller Spaghetti Kreation“ saßen wir gemeinsam im Wohnzimmer der WG und begutachteten die frisch gefilmten Aufnahmen. Am nächsten Tag ging es zu Ben Hotters Homespot nach Mayrhofen. Wir wurden mit einem weiteren Traumtag belohnt und die Aufnahmen versprachen gut zu werden. Irgendwie hakte es aber immer noch. Achja, es fehlte uns ja immer noch ein Konzept. Einige Wochen vergingen, bis die Geschichte, die wir mit dem Film erzählen wollten, letztendlich stand: Zwei Studenten, die dem Alltag entfliehen wollen, dafür nicht in einen Flieger steigen müssen, sondern durch den Spaß am Skifahren Zeit am Berg erleben wollen.
Dann lag es „nur“ noch an der Umsetzung, es wurde schon langsam Ostern und die letzten Drehtage standen an. Wir wollten große Lines fahren, um unser Big Mountain Segment zu füllen, so unser Plan. Aber wie das oft mit Plänen ist: Gleich zu Beginn hatten wir Probleme mit flachem Licht und einer kritischen Lawinensituation. Der erste Tag lief miserabel, den ganzen Tag verbrachten wir am Berg und standen am Abend mit kaum brauchbarem Material da. Auch der kommende Tag versprach keine Besserung. Wir mussten uns eingestehen, den richtigen Zeitpunkt für die fetten Lines verpasst zu haben. Wir machten das Beste aus unserer Situation und filmten stattdessen am nächsten Tag bei strahlendem Sonnenschein noch ein paar gemütliche Lines in immer wärmer werdendem Frühjahrsschnee. Es wurde ein kleiner Kicker und ein Snake-Run in den Slush geschaufelt; skifahrerisch war das nicht wirklich spektakulär, aber darauf kam es uns gar nicht an. Es lief gute Musik, das Bier schmeckte, alle waren entspannt und gut gelaunt. Wie ich finde, der perfekte Abschluss einer tollen Saison und auch ein feines Ende für unseren Film „Home Stories“. Dachten wir.
Die Saison war vorbei, die Skigebiete hatten geschlossen und die ersten Blumen blühten schon wieder. Wir wollten aber noch einen ordentlichen, guten Abschluss für unsere Mountain Tribe Saison miteinander erleben. Gesagt, getan. Martin Kogler, Lukas Mühlmann und ich zurrten die Latten mit eingespannten Skischuhen an den Wanderrucksack, zogen die Wanderschuhe an und machten uns auf ins Fieberbrunner Skigebiet. An der Schneegrenze angekommen, ging es mit den Fellen weiter. Ziel war die Wildseeloder Hütte. Am nächsten Morgen starteten wir noch in der Dunkelheit, um den Sonnenaufgang vom Wildseeloder Gipfel aus zu bestaunen. Hier oben zu stehen ist immer wieder ein emotionaler Moment für mich. In Fieberbrunn war mein erster Junior Contest und damit auch der Urspung von allem, was ich die letzten Jahre erleben durfte. Nicht nur deshalb komme ich immer wieder gerne hierher zurück. Der wunderschöne Blick machte das frühe Aufstehen vergessen und wir fuhren auf bereits aufgefirntem Schnee wieder ab zu unserer Unterkunft. Nach ausgiebigem Frühstück holten wir die Kamera für ein paar weitere Abfahrten raus und schauten dem Schnee beim Schmelzen zu.