FreerAIde - DER ETWAS ANDERE SKIFILM

Der Kühlschrank bestellt Essen nach, wenn es wieder an der Zeit ist. Studenten lassen ihre Doktorarbeiten von künstlichen Intelligenzen, sagen wir mal, „überprüfen“. Der Staubsauger weiß, wann es an der Zeit ist, wieder Arbeit zu verrichten. Autos fahren bald autonom. Es gibt die ersten Tourenski, die einen, ähnlich wie ein E-Bike, auf dem Weg zum Gipfel unterstützen. Der Fortschritt scheint unaufhaltsam – in allen Lebenslagen. Auch am Berg begleiten uns immer mehr Programme und Applikationen, die das Bewegen im Gelände leichter und auch sicherer machen sollen. Es ist unbestritten, dass die Technologien immer mehr in unseren Alltag eingreifen, und in Zukunft wird der Weg sicher auch weiter voranschreiten.
Nach einigen gemeinsamen Skifilmprojekten entstand die Idee, mal etwas ganz anderes zu testen. Wir wollten uns mit der künstlichen Intelligenz am Berg beschäftigen, und das war die Geburtsstunde für unser neues Projekt: FreerAIde. Artificial Intelligence – darunter kann sich seit der Chat-GPT-App jeder etwas vorstellen. Der erste Gedankenanstoß war, einen Skifilm von der App planen zu lassen. Ernüchtert mussten wir feststellen, dass die App zu einem Null-Acht-Fünfzehn-Streifen anleitet. Das war uns aber zu einfach, und wir kamen zu dem Schluss, dass wir selbst eine künstliche Intelligenz erfinden, diese in einem Film unterbringen und uns mit der Thematik am Berg hinreichend befassen müssen – und dies möglichst auf witzige/ironische Art und Weise. Eine neue App, die alles übernimmt, womit sich Freerider am Berg tagtäglich beschäftigen müssen: Das Finden der besten Hänge, die Wahl der Line, immer der beste Schnee, Live-Navigation – klingt herausragend und macht das Leben eines ambitionierten Skifahrers im Gelände leichter.
Zur Vermarktung der App wird im Film der deutsche Freerider Felix Wiemers präsentiert – Testimonial für eine neue Off-Piste-App. (Das bin übrigens ich, der den Text ganz ohne KI geschrieben hat!) Klingt in jedem Fall plausibel, und bis dahin könnte der Betrachter unseres Streifens meinen, dass es sich tatsächlich um eine Werbung für eine neue App handelt: FreerAIde ist geboren. Dann legt die Dramaturgie noch einen drauf, und ein Avatar der App taucht auf und bewegt sich mit Felix am Berg. Die künstliche Intelligenz, in Szene gesetzt von Max Kroneck. So kommt langsam Fahrt auf, und die beiden erleben am Berg so einiges zusammen. Die Sache läuft richtig gut an, und die beiden fahren knorke Lines – bis es zu den ersten Problemen kommt. Denn auch hier stellt sich irgendwann die Frage: Wann vertrauen wir der KI zu viel an? Wie entwickelt sie sich weiter – zum Guten oder zum Schlechten? Wird sie die Weltherrschaft übernehmen?
Zunächst will ich euch die Crew vorstellen: Michi Bernshausen von MIDIAFILM, als Mastermind hinter dem Projekt, hat bereits mehr als ein Dutzend Skifilme über die letzten Jahre produziert. Neben „Der Tiroler und sein Piefke“, dem wohl bekanntesten Streifen des Wahl-Garmischers, sind einige actiongeladene Filme entstanden, die bereits ein breites Kinopublikum zum Freeriden und Lachen motiviert haben. Fast als One-Man-Show mit der Idee, dem Drehbuch, Schnitt, der Vermarktung und vor allem auch der Arbeit hinter der Kamera, kann Michi das Projekt sein jüngstes Baby nennen. Nebenbei hat Michi zu Hause übrigens auch noch zwei kleine Kids zu bespaßen. Vielleicht ist es gerade deshalb ein Anliegen des ehemaligen Grasski-Profis, sich mit dem Fortschritt und der Zukunft zu beschäftigen. Schließlich hat jeder schon mal mit dem Kopf geschüttelt, als man feststellt, mit welcher Sicherheit ein Fünfjähriger die verwinkelten Funktionen eines Handys zu bedienen weiß. „Ja, wo soll das noch hinführen?“ Beim Thema Kids und Freeriden kommt man am Bayern Max Kroneck natürlich nicht vorbei. Der dreifache Familienvater, Bergführer und absolute Bergfex ist quasi täglich draußen unterwegs und vor allem in seiner Sahnedisziplin, dem Skifahren, für einen locker-entspannten Stil bekannt – und das auch in den kniffligsten Situationen. Nicht umsonst verkörpert Max die künstliche Intelligenz in FreerAIde. Außerdem stehen in Max’ Tourenbuch schon jede Menge Drehtage für verschiedene Filmprojekte in der Silvretta Montafon – unserem Spielplatz für den neuesten Streifen. Das Schneeloch im Bundesland Vorarlberg ist für seine moderne Technik und den nachhaltigen Sport am Berg bekannt. Und für uns besonders wichtig: Es ergeben sich hier eine Vielzahl an leicht zu erreichenden Lines, die es immer wieder zu kosten gilt.
Was soll ich sagen: Inzwischen habe auch ich (Felix Wiemers) zwei Kids und bin gespannt, was die Zukunft bringen wird. Sicher ist in jedem Fall, dass wir vor der Herausforderung stehen, unseren Jüngsten einen sinnvollen Umgang mit der Technik zu zeigen. Und genau da kommen wir zum Kern unseres Themas. Im Film kommt es zu Problemen, und das Zusammenspiel mit der App läuft nicht mehr so rund, wie es eigentlich sein sollte. Es wird deutlich, dass es am Berg immer noch am wichtigsten ist, sich auf die eigenen Erfahrungen und das eigene Wissen zu verlassen. Die uns gebotenen Hilfen sind bedacht zu nutzen. Kein Avatar kann einen guten Kameraden am Berg ersetzen. Es ist wohl der besondere Reiz und auch ein großer Teil der Faszination unseres Sports, sich mit den Gewalten der Natur auseinanderzusetzen und das gemeinsam mit Freunden am Berg zu erleben. In unserer Recherche waren wir erstaunt, wie gut einige Apps und Möglichkeiten der modernen Welt wirklich sind. Apps wie etwa Fatmap hat inzwischen jeder mal gesehen, und es ist wirklich auch hilfreich, wenn auf solche Tools in der Planung ergänzend zurückgegriffen werden kann. Dennoch ist es immer wieder wichtig, den Lagebericht selbst zu lesen und auch gelegentlich mal selbst ein Auge auf den Schneedeckenaufbau zu werfen. In der Postproduktion von FreerAIde haben wir keine visuelle KI-Unterstützung in Anspruch genommen. Nur die Interviews sollten sich gegen Ende sehr spitz nach KI anhören. Wir waren völlig überrascht, wie einfach und erschreckend überzeugend es inzwischen möglich ist, ein Interview zu erstellen, in dem uns alles in den Mund gelegt werden kann, was wir wollten. So konnten wir einzelne kleine Textstellen mit KI austauschen, bei denen wir sprachliche Probleme hatten. Besonders gegen Ende des Films sind Teile der Interviews nie selbst gesprochen worden. Um gerade den KI-Bearbeitungscharakter darzustellen, wurde dies von einem personalisiert erstellten Avatar übernommen. Allerdings waren die Szenen so täuschend realitätsnah, dass wir den Ton wieder extra verzerrt haben, um den KI-Einsatz auffälliger zu machen. Was allerdings mit solchen Techniken heutzutage alles möglich ist, das kann einem fast schon Sorgenfalten auf die Stirn treiben.
Abschließend bleibt aber natürlich festzuhalten, dass gewisses Know-how im Skisport und generell am Berg zum Glück nicht zu ersetzen ist. Und auch wenn in Zukunft ein Tourengeher motorisiert die Berge erklimmen kann, dann ist es durch die leichtere Erreichbarkeit von exponierten Gipfeln wohl immer wichtiger, gut ausgebildet zu sein. Man kann nur empfehlen, sich Wissen und Erfahrung anzueignen oder eben in Form einer ausgebildeten Person zu engagieren. Die Ausbildung zum Bergführer ist nicht ohne Grund kein Zuckerschlecken. Und genau das macht es ja auch aus – das gemeinsame Erleben, Lernen und Entscheiden am Berg. Darin besteht ja die besondere Romantik unseres Sports. Und die künstliche Intelligenz sowie neue Techniken? Na, die sind natürlich herzlich willkommen – vor allem, wenn es ums Verrichten von Hausarbeit geht. Der Staubsauger darf schon gerne selbstständig fahren, und wenn die Steuererklärung sich automatisch machen lässt, dann nehmen wir das gerne in Kauf. Schließlich geht es hier nicht um Leben und Tod. Und den großen Spaßfaktor habe ich dabei bisher auch noch nicht entdecken können. Schaltet den Kopf ein und lasst es schneien!