Bergstolz Issue No. 119

46 ENGELBERG Bergstolz Ski & Bike Magazin • 01 |2024 Als sie endlich 18 wurde, durfte sie schließlich auch bei den ersten Freeride Contests mitmachen, wobei die Wettkämpfe für sie eher zum socializen dienten. Ihr Papa wollte damals unbedingt, dass Mary nach erfolgreichem Abschluss der Highschool das College besucht, doch die junge Norwegerin wollte einfach nur Skifahren, was ihrem Papa die ein oder andere Panikattacke bescherte. Mary wollte auch neue Orte, Kulturen und Abenteuer entdecken. Auf ihrer Reise arbeitete die junge Norwegerin als Skilehrerin, um sich über Wasser zu halten. „Ich hatte nicht wirklich viel Geld, ich versuchte so wenig wie möglich zu arbeiten, um so viel Zeit wie möglich beim Skifahren verbringen zu können.“ Es dauerte nicht lange da entdeckte sie Engelberg für sich. Durch die coole Freeride Community fühlte sie sich direkt wohl und wusste: „Hier möchte ich bleiben!“ Zu diesem Zeitpunkt kam sie an einem Punkt in ihrem Leben, wo ihr das „normale“ Arbeiten als Skilehrerin zu langweilig wurde und sie den täglichen Trott satt hatte. Sie wollte aber dennoch draußen an der frischen Luft arbeiten und sich körperlich betätigen und das am Besten mit Ski an den Beinen. Leider musste sehr schnell ein Job her, damit sie in diesem wunderschönen Ort bleiben konnte. Ein guter Freund, der damals schon bei Ski Patrol arbeitete, brauchte nicht viel reden, um Mary mit an Bord zu holen. Sie hatte jetzt nicht nur einen neuen Job ergattert, sondern auch ein eigenes Abenteuer gefunden, mit neuen Freunden, Bekanntschaften, Kollegen - unter anderem ihren jetzigen Lebensgefährten Sven. Als Ski Patroler ist Mary vor allem für die Hangsicherheit zuständig, rettet verletzte Personen, leistet Erste Hilfe und bringt bei Bedarf die Feiermeute wieder sicher zurück ins Tal. Auch ein großer Teil ihres Jobs: Lawinenkontrolle und bei Bedarf diese zu sprengen. Es war letztes Weihnachten, als Mary das erste Mal die Ehre hatte, vom Helikopter zu sprengen. Ihr „Christmas Date“ mit ihrem Teamkameraden und festen Freund verlief dann doch etwas anders als geplant. Sven saß mit dem Piloten vorne, Mary hinten und war schon im Sicherheitsgurt festgemacht. Die drei kundschaften die beste Stelle zur Platzierung der Bombe aus und einigten sich auf einen Punkt – den Mary aber zum Todlachen der beiden anderen verfehlte… An diesem Tag war es windig, der Schnee war stark verweht und teilweise vereist, weshalb die Bombe die Wand hinunterrutschte. Auch stand sie ein wenig wackelig auf den Beinen – draußen auf der eisigen Kufe des Helikopters. But don’t worry! Die „Sprengflüge“ der Ski Patrol finden immer sehr früh morgens statt und es wird mehrmals gecheckt, dass sich niemand im Sprengfeld und im möglichen Lawinenkegel aufhält. Ende gut alles gut! In ihrer Freizeit geht Mary gerne und viel Skitouren. Einer ihrer Favoriten ist die Titlis-Rundtour: Eine coole Halbtagestour, mit vielen Tiefenmetern und einer kurzen, aber wunderschönen Skitour mit gewaltigem Ausblick auf die benachbarten 4000er. Die Tour beginnt mit der Auffahrt auf den Titlis, gefolgt von ein paar Kurven auf der berühmten Freeride Abfahrt „Steinberg“, bevor man auf einen Grat namens „Messer“ stößt. Es folgt ein kurzer Hike über den Grat, der aber an manchen Stellen sehr ausgesetzt ist, hier ist also Vorsicht angesagt. Nach der Überquerung gelangt man zum ersten Abseilpunkt. Für sehr gute Rider ist die Rinne befahrbar, aber nur, wenn auch genug Schnee vorhanden ist. Dann folgt eine schöne Abfahrt in einem nach Süden ausgerichteten Hang in der Sonne. „Titlis ist nach Norden ausgerichtet, also freuen wir uns immer besonders, wenn wir ein bisschen in der Sonne fahren können.“ Dann kommt der zweite Abseilpunkt. Bei genügend Schnee und guten Fahrskills ist auch diese befahrbar. Wenn man aus dem zweiten Couloir rausfährt, wird man direkt mit einem Blick auf das gewaltige Bergmassiv der 4.000er belohnt. Es geht weiter mit einem kurzen Ski-Teil zum ersten Auffellpunkt. Dafür ist der folgende Aufstieg über den Wendengletscher mit seinen 600 Höhenmetern auch mit dicken Ski und Freerideboots gut zu schaffen und das Biwak am Grassen schnell erreicht. Das Highlight: Die jetzt folgende 1500hm Abfahrt! Mit spektakulärem Blick auf das Engelberg-Tal zieht man seine Lines im steilen und verspielten Gelände. Wer seine Tour verlängern möchte, hat die Möglichkeit, im Grassen Biwak zu übernachten und die umliegenden Berge und Abfahrten zu erkunden. „Die Hütte ist sehr einfach gehalten, mit Feuer zum Heizen und Kochen sowie einem Bett, aber es gibt eine feine Weinbar. Ich habe nach langen Tagen in den Bergen viele Abende im Grassen Biwak mit gutem Wein genossen.“ ENGELBERG Engelberg ist eine Alpenstadt in der Zentralschweiz. Lässige Freeride Abfahrten sind hier auch bequem vom Lift erreichbar und durch die hohe Lage trifft man die meiste Zeit auf top Bedingungen. Mary Birkeland Mary Birkeland arbeitet hauptberuflich als Ski Patroler mit den Aufgabengebieten: Hangsicherheit, Lawinenkontrolle, Rettungseinsätze, Erste Hilfe und Notfallreaktion. Sie wuchs in einem kleinen Dorf in Norwegen auf, machte sich aber nach der Highschool relativ zügig auf Weltreise und arbeitete als Skilehrerin überall auf der Welt, bis sie sich in Engelberg niederließ. @marybirkeland I N F O BOX

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