SERVICE Bergstolz Ski & Bike Magazin • 01 |2024 50 Die Göll Ost Wand hat durchgehend zwischen 40 und 45 Grad, über 1500 Höhenmeter müssen bezwungen werden und eine böse Wechte thront über dem Ausstieg und wartet auf die Erwärmung, um stückchenweise in die Aufstiegsspur abzubrechen. Der Tag X soll es sein und kein anderer, schließlich hat man die Tour schon mehrere Tage vorher geplant und die Freude ist groß. Wenn nun die Aprilnacht doch wärmer ist als vorhergesagt, es nicht durchgefroren hat und die Tour schon im Schneesumpf startet, was dann? Um 5 Uhr früh wohlgemerkt. Abbrechen? Umdrehen? An so einem traumhaften Tag unverrichteter Dinge wieder heimfahren? Wer kennt es nicht, das Bauchgefühl signalisiert, dass es vielleicht doch besser wäre umzudrehen, der Kopf und die Lust auf dieses Erlebnis treiben einen an. Zwar war ich damals sehr fit, aber zu Zeiten der schweren Rahmenbindungen, mit Rennschischuhen und 1,90 Freeride Skiern dauerte der Aufstieg deutlich länger als geplant. Die Tageserwärmung schreitet rücksichtslos voran. Kurz vor dem Ausstieg um etwa 10:00 Uhr passiert genau das, wofür die Göll Ostwand so gefürchtet ist: ein Stück der Wechte bricht. Ich befinde mich 100 Meter vor dem Ausstieg an der steilen und vereisten Engstelle, der Falllinie der Wechte. Ein reflexartiger Sprung zur Seite bewahrt mich vor schlimmerem und ich komme mit dem Schrecken davon. Den Rucksack, den ich mir beim Anziehen der Steigeisen abgenommen hatte, musste ich mir, genauso wie meine Stöcke und die Skier, auf dem großen weiten Feld in Einzelteilen zusammensuchen. Die Nassschneelawine kommt erst weit unten, beim Einstieg der Tour, zum Stehen. Ich steige also den ganzen oberen Hang zu Fuß wieder ab. Es geht nicht darum, das gesamte Leben in den Bergen fehlerfrei zu bewältigen, vielmehr, das Erlebte zu analysieren, zu reflektieren und aus all den getroffenen Entscheidungen zu lernen. Nur dann wird man besser und sicherer. Eine gute Planung ist nicht nur sicherheitstechnisch unabkömmlich, auch kann sie für einen guten oder einen weniger guten Tag verantwortlich sein. Schließlich wollen wir am Ende des Tages alle nur das eine: Den perfekten Powder- oder Firngenuss. Möglichst vom Gipfel bis ins Tal. Und: wir wollen wieder sicher daheim ankommen. Eine gute Planung ist die halbe Miete, aber alles andere als immer nur einfach. Tipp: Wer Reini buchen will kann das hier tun: High Zürs Skiguides www.hzsg.at/guide/reinhard-ragno-ranner NOTRUFNUMMERN: 112 deutsche & europäische Notrufnummer 140 Bergrettung Österreich 1414 REGA Schweiz KNOW HOW SKITOURING MIT EVA WALKNER Foto: Eva Walkner privat
RkJQdWJsaXNoZXIy Mzk0ODY=