36 VERB I ER Bergstolz Ski & Bike Magazin • 08/2024 Normalerweise ist die Rückseite des Mont Forts vor Januar kaum fahrbar. Doch Anfang Dezember schneite es so stark, dass Verbier einen der besten Winterstarts seit langem erlebte. Eine Woche vorher ist Till bereits von der Rückseite des Mont Forts abgefahren – es lag zwar viel Schnee, doch dieser war hart und verspurt. Bis zum 23. Dezember hatte es dann auch nicht mehr wirklich geschneit, bis am Tag vor der Skitour 10-15cm Neuschnee fielen. Die Lawinenwarnstufe am Tag des Unglücks war als 3- ausgeschrieben. In Till’s Kopf rotieren nun die Rädchen, durch seine Skitour eine Woche zuvor kann er sich ein gutes Bild machen: Das Gebiet war gut verspurt, der Schnee komprimiert und er vermutet einen leichten Windeinfluss. 23. Dezember 2023: Die Gruppe steht am unteren der beiden möglichen Drop-Ins und bespricht die Route und mögliche Windprobleme. „Wir haben zu dritt entschieden, dass wir es machen“, erzählt Till. Seine Freunde, ein Geschwisterpaar, sind in Verbier aufgewachsen und haben somit reichlich Kenntnisse über das Gebiet. Dennoch sei jeder für sich selbst verantwortlich und wenn eine Person sich nicht wohl fühlt, geht die ganze Gruppe zurück. Als Till gerade losfahren will, bemerkt er eine Snowboarder-Gruppe am oberen Drop-In. Er signalisiert ihnen mit Stöcken und Armbewegungen, dass er gleich losfährt. Nach einem lauten „DropIn“ fährt er in den Hang und genießt die ersten Schwünge. Diese hätten sich gut angefühlt. Was er nicht erwartet hat, dass kurz darauf der ganze Berg kollabiert. Gegen 11 Uhr löst sich an der Rückseite des Mont Fort eine Lawine und reißt Till über 300 Meter durch ein steiles Couloir. Der Hang, in dem die Lawine abging, ist steil und teilt sich in der Mitte durch einen großen Felsblock. Nordöstliche Ausrichtung, 400 Meter lang und mit einer Neigung zwischen 45 und 50 Grad – ein Gelände, das selbst erfahrene Freerider schnell in Gefahr bringen kann. Das letzte an was sich Till erinnern kann, dass rechts und links von dem Trichter alles aufgerissen war. Er wirft die Stöcke weg, zieht seinen Airbag und schreit um sein Leben. Kurz darauf wird er bewusstlos. Als die Geschwister sehen was passiert ist, teilen Sie sich auf. Während Sie oben stehen bleibt und einen Notruf absetzt, fährt ihr Bruder und die Snowboard-Gruppe so schnell es geht zu Till runter. Ob er verschüttet war weiß Till nicht – „Ich will nicht, dass dadurch eventuell Erinnerungen wiederkommen. Vielleicht will ich es irgendwann wissen aber nicht jetzt.“ Till‘s Erinnerungen an die Rettung sind brüchig. Er erinnert sich daran, unter dem Helikopter an einem Seil zu hängen, dann im Krankenhaus, später im CT. Im Krankenhaus in Sion wird Till von sieben Ärzten behandelt. Es wussten alle, wo es passiert ist und was eine Lawine an der Rückseite des Mont Forts bedeuten kann… Die Schulter dreimal gebrochen und ausgekugelt. Ein Sehnenabriss, eingeklemmter Nerv, Schädel-Hirn Trauma, ein Cut am Hinterkopf und Prellungen am ganzen Körper. Der Arzt sagt, es sei, wie wenn man von einem Bus überfahren wird. Und doch ist es wie ein Wunder, dass Till eine der größten Lawinen in Verbier überlebt. Lionel Brutsch, ein erfahrener Freerider aus Genf, kennt die Hänge von Verbier seit über 15 Jahren. Er war am 23. Dezember 2023 selbst mit seinem Bruder und zwei Freunden in Verbier unterwegs, als sie die schockierende Nachricht vom Lawinenunglück am
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