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Seite 28 | BERGSTOLZ Ski Magazin November 2011
JAPAN
teils noch wegen Schneemangels geschlossen seien. Gemeinsam mit Jo, unserem Guide von den Hanazono
Powder Guides, machten wir uns dennoch auf ins Skigebiet. Nach den ersten Runs im unverspurten Powder zwi-
schen den Bäumen konnten wir die Japaner noch weniger verstehen. Denn für uns war es das Paradies! Das ein-
zige, worüber wir uns beschweren hätten können, waren die teils noch geschlossenen Waldabschnitte.
Ob es an den Hanazono “lucky bells” lag, die wir jeden Morgen im Skigebiet zum Läuten brachten, dass die japa-
nische (oder sibirische?) Frau Holle diese Tage nochmal kräftig nachlegte? Denn das “Schneemangelproblem”
löste sich innerhalb der nächsten Stunden buchstäblich in tiefstem Weiß auf. Seit unserer Ankunft in Niseko
Hanazono hatte es nicht mehr aufgehört zu schneien, und ein Ende war nicht in Sicht! Bereits am nächsten Tag
waren die meisten “Gates” geöffnet, und wir entdeckten mit dem “Strawberry” und dem “Blueberry Field” in
Hanazono unsere Spielplätze für die nächsten Tage.
“Once a gate is open it’s safe!” Das war etwas völlig Neues für uns, waren wir es doch gewohnt beim Freeriden
im freien Skiraum für uns selbst Verantwortung zu übernehmen. Mit der üblichen Lawinensicherheitsausrünstung
– VS-Gerät, Sonde, Schaufel und ABS-Rucksack – ausgestattet waren wir somit deutlich in der Minderheit.
Nichtsdestotrotz bietet Hanazono gute Informationen zur Lawinenlage und Schneebedingungen an. Das
Ignorieren von Absperrungen ist strengstens verboten. Die Snow Patrol in Hanazono kontrolliert und sichert das
Gelände und öffnet oder sperrt Freeride Varianten. So ist es auch ganz normal, dass sich hunderte powderhun-
grige Skifahrer ruhig und artig vor einem “gate” (einem einfachen Absperrband, das wenige Höhenmeter tiefer
auch einfach umfahren werden könnte) warten, bis die Abfahrt offiziell geöffnet ist. An der japanischen Disziplin
und Ruhe könnte sich so mancher Europäer, der sich mit Ellbogentechnik in der Liftschlange anstellt. auf jeden
Fall ein Beispiel nehmen.
Während der acht Tage, die wir im Skigebiet Hanazono verbrachten, um für einen Part im Film “A History of Snow”
zu filmen, schneite es fast Tag und Nacht unentwegt. Knapp drei Meter Neuschnee kamen in den Tagen unseres
Aufenthaltes zusammen, und so war die “normale” Schneehöhe zu dieser Jahreszeit schnell hergestellt. Die
Halme und Blätter der Bambusse, die am ersten Tag noch teilweise sichtbar waren, waren verschwunden. Das
Besondere in Niseko ist, dass es bei annähernd konstant kalten Temperaturen von etwa minus sechs Grad fast
ohne Windeinfluss schneit. Das sorgt für den berühmten lockeren trockenen Powder.
Die Sonne zeigte sich während unseres Aufenthaltes nur für einige wenige Minuten. Völlig unerwartet schob sich
die dicke Wolkendecke beiseite und eröffnete uns einen atemberaubenden Blick auf den nahen Vulkan Mount
Yotei. In diesem Moment kam es uns vor, als bliebe fast jeder Skifahrer im Skigebiet stehen, um die außergewöhn-
liche Stimmung dieses Augenblickes und die Sicht auf den ruhenden Vulkan zu genießen. Doch so schnell die
Sonne erschienen war, so schnell war sie auch wieder weg. Der gewohnt starke Schneefall setzte wieder ein und
sorgte dafür, dass die Spuren in den zahlreichen Pillowlines zwischen den Bäumen schnellstens wieder ver-
schwunden waren.
Der Trip in den japanischen Powder aber brachte nicht nur unbeschwertes Skivergnügen mit sich. Unser Freund
Takehiro gab sich alle Mühe unseren Aufenthalt in Niseko zu einem besonderen und unvergesslichen Erlebnis zu
machen. Dabei durfte ein Besuch in einem sogenannten Onsen, einem öffentlichen Bad, das von einer heißen
Quelle gespeist wird, natürlich nicht fehlen. Das Bad spielt in der japanischen Kultur einen große Rolle. Nachdem
wir mit den Verhaltensregeln vertraut gemacht worden waren, genossen wir das heiße entspannende
Schwefelbad – Männlein undWeiblein streng voneinander getrennt.Aber auch unsere Gaumen wurden auf höch-
stem Niveau verwöhnt, und so wird uns wohl vor allem unser Abschlussessen in Erinnerung bleiben, bei dem aller-
lei Sushikreationen, die es in Europa in keinem Sushiladen zu kaufen gibt, aufgetischt wurden.
Hanazono | Niseko Photograph
Hanazono | Niseko Photograph

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