Jomsom, 2.770 m. ü. NHN. Was für ein Flug: ein kleines Transportflugzeug, eine Twin Otter
bringt uns mehr als spektakulär in eine andere Welt. Nepal, der kleine Binnenstaat ist in
Südasien nach Tibet das zweithöchstgelegene Land der Erde und in etwa so groß wir Öster-
reich und die Schweiz zusammen. Nepal gilt als DAS Land der Berge. Hier finden sich alleine
acht der 14 Achttausendern dieses Planeten. Nepal, hier ist der Himalaya allgegenwärtig. Der
einstündige Flug zwischen zwei dieser Achttausender hindurch passt perfekt zu dem, was mich
hier erwartet. Die Windböen im Korridor zwischen den Eisriesen sind so stark, dass der Flieger
kräftig durchgeschaukelt wird. Einmal gestartet, gibt es dort für eine Twin Otter kein Zurück
mehr. Und genau das gilt jetzt auch für mich und mein Bike-Abenteuer. Tiefblauer Himmel
begrüßt uns. Die Szenerie fast surreal. Der riesigen Breite des Kali Gandaki- Flusstals folgend
schlängeln wir uns gemächlich aufwärts. 250 hm auf 10 km sind ein überschaubarer Einstieg
nicht nur ins ehemalige Königreich Mustang. Die Luft ist dünn. Der Untergrund steinig, sehr
steinig. Gut, dass ich mich für die 160mm-Federwegsklasse entschieden habe. Ich freue mich
auf die morgige Tour.
Muktinath, 3.790 m. ü. NHN. Was für ein Uphill! Durch eine schier endlos steile
Mondlandschaft bin ich Kehre für Kehre direkt in den Himmel gekurbelt. Quer durch
Frostpassagen, vorbei an unbegrünten Bergflanken, durch karge Gesteinsfelder. Immer in
Begleitung von stolzen, mächtigen Eisriesen. Am Dach der Tour angekommen, zeigt uns der mit
8.167 m mehr als doppelt so hohe Dhaulagiri seine majestätische Eisfahne. Kaum zu glauben,
dass Bergsteiger auf ihrem Weg von dort mehr Spaß haben können als ich? Denn wir haben
mehr als 1500 hm Downhill vor uns. Ich ahne es: es wird die Abfahrt meines Lebens. Eine
Bilderbuchabfahrt in bizarrer Kulisse. Markig knirschende Schuttkar-Sektionen, schnelle
Schotterpisten, sandgeflutete Steinkorridore und permanent Single Trails, die uns glauben las-
sen, alle 33 Millionen Hindu-Götter haben diese Landschaft vor allem für den Mountainbiker
erschaffen...! Ihr ahnt, wie ich mich hier fühlte, wie nie zuvor? Yeah! Ich hatte mein neues
Focus Bike für diesen Trip etwas modifiziert: Die RockShox Pike RC Solo Air hatte ich im Vorfeld
erweitert um die Dual-Einheit, um eine Absenkbarkeit auf 120 mm zu erreichen. Tatsächlich
war ich einige Male froh über die Tieferlegung, speziell im ersten Kletterteil ab 3300 m Höhe
und auf so manchem Abkürzer ins extrem Steile. Hauptveränderung am Bike war jedoch ein
Tausch des Laufradsatzes. Hier konnte ich einem stabilen, knallig orange-farbenen ultraleich-
temAlu-Carbon-Wheelset von Industry Nine nicht widerstehen. Ohne es konkret zu wissen, traf
ich mit dieser orangenen Farb- und Materialkonstellation optisch ins Schwarze: Im Buddhismus
steht die Farbe Orange für Reinheit,Weisheit und Reife. Vielleicht verdankte ich auch daher den
guten Umstand, dass mein Rad während der Tour aller- orten speziell beäugt und von unseren
treuen Guides und Begleitern in der Tour auch besonders gepflegt wurde.
Pokhara, 930 m ü. NHN. Einige Tage später sind wir in der zweitgrößten Stadt Nepals ange-
kommen. Zentral gelegen, malerisch am Phewa-See, mit herrlichem Blick auf die gesamte
Annapurna-Front. 200 km derbste Stein-, Sand- und Lehmpisten lagen da bereits hinter uns.
YAK UND YETI
BERGSTOLZ Bike Magazin Juli 2015 | Seite 15