Seite 56 | BERGSTOLZ Ski Magazin Dezember 2013
SHEREGESH
POWDERHILL
S h e r e g e s h
skier.
VERENA FENDL, TERESA BRENNER, LISA SCHMÖLZL |
foto & text.
ANTON BREY
Teresa Brenner erzählte mir, dass sie mit drei Freundinnen einen Skitripp nach Sibirien pla-
nen und ob ich nicht Interesse habe, sie mit den Fotoapparat zu begleiten. Mit von der
Partie währen Verena Fendl, Lisa Schmölzl und Inne Dussaillant.
Wenn ich Sibirien hör, versetzt es mich gedanklich in meine Jugend zurück, als der kalte
Krieg zwischen den beiden Supermächten, der Sowjetunion und den USA, in vollem Gange
war. Ich erinnere mich an Geschichten, in denen Gegner der kommunistischen sowjetischen
Führung in Gulags weggesperrt wurden, um in den Minen und Steinbrüchen von Sibirien
zu verschwinden. Das waren meine Erinnerungen aus den Siebzigern.
Übers Internet informierte ich mich über die topografischen Gegebenheiten, also suchte ich
nach dem Altai-Gebirge in dem Sheregesh sein sollte. Der erste Eindruck lies über die alpi-
nen Möglichkeiten keinen Zweifel aufkommen. Jedoch gab es dort keinen Ort der
Sheregesh hieß, und so suchte ich nach Sheregesh und fand eine kleine Bergbausiedlung
150 Kilometer nördlich vom Altai-Gebirge im hügeligen Vorgebirge. Also fragte ich noch-
mal nach, ob ich den richtigen Ort gesucht habe, denn da gibt es keine Berge. Die Antwort
die ich zu hören bekam: „Ja, aber mit einen 500 Meter hohen, licht bewaldeten Berg mit
Powdergarantie!“ An dieser Stelle schraubte ich meine Erwartungen sehr weit nach, das
einzige was gewiss war, es würde sehr kalt werden, und dass ich mit dabei sein werde.
Dort wo sich die Grenzen von Kasachstan und der Mongolei am nächsten sind, liegt 500
Kilometer nördlich, am Rande des Altai-Gebirges, die kleine Bergbausiedlung Sheregesh. Der
Ort entstand in den 30er Jahren und erhielt den Namen nach dem Brüderpaar Scheregeschw,
die das Erzvorkommen hier entdeckten. Durch den zweiten Weltkrieg verzögerte sich die
Förderung des Erzes bis in die 50er Jahre. Das Skigebiet entstand aus der Leidenschaft der dort
arbeitenden Ingenieure für den Skisport in den 60/70er Jahren. Bevor die ersten Lifte gebaut
wurden ging man zu Fuß auf den „Mountain Shoria“ (dt. Grüner Berg), um den Genuss der
Abfahrt in unverspurten Pulverschnee zu erleben. Mit dem Entstehen des Resorts kamen die
Touristen. An den Wochenenden reisen, von November - April, bis zu 600 Wintersportler, die
mit dem Party- Skizug „Simnjaja Skaska“ (dt. Wintermärchen) aus dem 600 Kilometern ent-
fernten Nowosibirsk an. Heute unterliegt das Resort großer Beliebtheit in ganz Russland,
Investoren errichten neue Hotel- und Appartement-Anlagen, welche in der Hochsaison ausge-
bucht sind.
Beim einchecken wurde uns schon mitgeteilt, dass die Maschine aus Moskau mit zwei Stunden
Verspätung starten wird, somit war klar, dass es recht eng werden würde den Anschlussflug
nach Nowosibirsk zu erwischen, da wir unser Gepäck in Moskau entgegen nehmen müssen.
Meine Sitznachbarin, eine deutschsprechende Russin bot mir ihr Hilfe an, wir kamen
ins Gespräch und als ich auf ihre Frage, ob eine russisch sprechende Person mit uns reise, mit
nein antwortete, konnte ich an ihrer Mimik erkennen, dass uns eine Menge Abenteuer erwar-
ten würden.
Wie befürchtet begann nach der Annahme unseres Gepäcks ein Spießrutenlauf, wir mussten
nun schnellst möglich das Gepäck neu aufgeben. Also erst mal quer durch das Terminal zum
Schalter 121, da schickte man uns, zum Infopoint der Fluggesellschaft. Dort angekommen
erklärte man uns wir müssen zum Schalter 130. Am Schalter 130 gaben wir unser Reisegepäck
auf, dann mussten wir die Skiausrüstung am Schalter 96 abgeben, um nach Gelingen zurück
zum Schalter 121 zu gehen und dort die Bordingkarte in Empfang zu nehmen.
An dieser Stelle verschwendete ich zwei Gedanken: „Geht es nicht noch komplizierter und viel-
leicht bekommen wir den Anschlussflug ja doch noch“. Nach weniger als zwei Minuten erhiel-
ten wir die erste Antwort: „you missed the flight“ und nach weiteren vier Stunden wussten wir,
dass es sehr viel umständlicher geht.
Bevor wir Moskau verlassen haben, ließen Verena unsere Zugtickets und das Shuttle vom
Flughafen zum Bahnhof nach Nowosibirsk auf den nächstmöglichen Zug umbuchen. So verlo-
ren wir unterm Strich, bei dem ganzen Chaos, nur knappe drei Stunden. Beim Verlassen des
Flughafens in Nowosibirsk liefen wir beim Durchschreiten der Drehtüren gegen eine Wand aus
Eis. Es ist in etwa so wie in Las Vegas wenn man das Hotel verlässt, nur anders herum und
unangenehmer! Das Thermometer zeigte -26 Grad, willkommen in Sibirien.
Skier: Lisa Schmölzl