COURMAYEUR
BERGSTOLZ Ski Magazin Dezember 2013 | Seite 21
Übermorgen geht’s wieder los! Endlich kommt wieder mal mein bevorzugtes Beförderungs-
mittel beim Freeriden in’s Spiel – ein schnuckliger Eurocopter Ecureuil B3!!! Frank von den Heli
Guides hat ein neues Gebiet, das er anbieten will. Am Telefon hat er mir schon vor Wochen
vorgeschwärmt: Prali liege in der Nähe von Sestriere. Das Gebiet sei riesig und es gäbe dort
auch keine fixen Landeplätze wie in den anderen Fluggebieten. Und das Gebiet gäbe einiges
her! Nur jetzt mache ich mir ein paar Sorgen: Ich hab seit Tagen nichts mehr von Frank gehört
und bei meiner Internetrecherche zur Schneesituation im Piemont stellte sich das nackte
Grauen ein!
Zwei Tage später sitze ich mit einem mulmigen Gefühl im Auto nach Kempten. Dort trifft sich
unsere kleine Reisegruppe bestehend aus ein paar skiverrückten Allgäuern, einem
Sporthändler aus Schweinfurth, ein paar Mitarbeitern von Haglöfs und unserer Quotenfrau
Julia, um im offiziellen Haglöfs-Expresse-Taxi – eigentlich ein ganz normalem Mercedes Bus,
aus dem aber Herbert immer wieder Höchstleistungen kitzelt – um dann gemeinsam unser
Reiseziel anzusteuern. Und da ist genau das Problem. Noch weiß keiner unserer Gruppe, wo
es denn überhaupt hingeht! In Prali hat es nicht mehr geschneit. Das Val Formazza und
Gressoney wären eine Alternative. Aber da ist der Schnee auch nicht wirklich besser. Eigentlich
kann es mir ja auch egal sein. Ich setze mich jetzt gleich in den Bus, trinke das ein oder ande-
re Fahrbier und schau einfach, wo wir zum Schluss ankommen. Frank hat sich bis jetzt immer
als guter Guide erwiesen, der Dank seinem Spielzeug – dem Eurocopter – in jedem Gebiet
schöne Runs gefunden hat. Als wir also die Ski, das Gepäck und die Kiste Hopfengetränk in
den Bus laden läutet Herberts Handy. Frank ist dran und gibt unserem Chauffeur fünf Minuten
vor dem Abfahrtstermin das neue Ziel durch: Courmayeur! Also auf die Sonnenseite des Mount
Blanc bzw. Monte Bianco – wir fahren ja nach Italien!
Die Heli-Base in Courmayeur liegt direkt am südlichen Ausgang des Mont Blanc Tunnels. Es ist
kalt, windig und die LKW donnern direkt neben dem Startplatz aus der stickigen Röhre. Wären
da nicht unsere sehr bunten Klamotten, die zu ein paar Bündeln gebunden Ski und der
Eurocopter, könnte es sich um jedes Gewerbegebiet irgendwo in den Alpen handeln. Die
Vorfreude steigt. Und endlich, nach einer langen Besprechung kommt unser Pilot, checkt das
Fluggerät, trifft die letzten Vorbereitungen und startet schließlich die Turbine. Immer wieder
geil! Langsam gewinnen wir an Höhe. Die Autostrada liegt schon weit unter uns als wie gegen
Westen das Tal entlangfliegen. Rechts von uns die massive Südflanke des Mount Blanc, links
das Skigebiet von Courmayeur. Und dann kommt der Moment, auf den alle gewartet haben:
Der Heli überfliegt den ersten Bergrücken. Das Panorama ist unglaublich. Die Fotoapparate kli-
cken, die Helmkameras werden überprüft. Kurze Zeit später setzt Fabio den Eurocopter in den
Knietiefen Powder am Lex Blanche unterhalb der Aiguille des Glacier auf 3280m. Schnell raus
– jede Sekunde zählt – Ski aus dem Korb, Kopf runter. Schon Sekunden später sind wir allein.
Die Aussicht und die umgebende Bergkulisse ist so beeindruckend, dass erst mal niemand
etwas sagt. Jeder genießt. Ohne einen Schwung gefahren zu sein bin ich schön glücklich.
Besonders der Gegensatz von verstaubten, kalten Industriegebiet an der Autobahn zu
unglaublicher Hochgebirgsnatur mit fast kitschiger Weitsicht und absoluter Ruhe ist, was das
Heliskiing für mich so faszinierend macht. Wir stehen auf 3280 Metern Seehöhe. Ein Punkt, an
den die meisten Skigebiete der Alpen längst unter uns liegen, aber trotzdem geht es von unse-
rem Standpunkt noch mal knapp 1600 Höhenmeter den Berg rauf. Gewaltig!