bergstolz

Innsbruck. Powder. People.


Innsbruck 01

Oder würdest Du Deinen Film
„No Car, No Decision-Making Anxiety“ nennen?

Fast mein gesamtes Leben lang hatte ich das Glück an Orten zu leben, wo ich beim Blick aus dem Fenster Berge, oder zumindest Hügel sah. Sind die Berge nicht da, bin ich immer ein bisschen verloren, ich kann Nord von Süd nicht mehr unterscheiden, weil mir die Ori-entierungspunkte fehlen. Im Grunde aber weiß ich, dass ich mich verloren fühle, weil ich nirgendwo hinaufschauen kann, keine visuelle Inspiration, wo ich als nächstes hingehen sollte. Was ich entdecken sollte, wohin ich wandern, klettern, biken sollte, wohin hinunterfliegen oder wovon mit Ski abfahren. Viel-leicht ist es eine Abhängigkeit oder Konditionierung. Wenn dem so ist, dann bin ich gerne ein funktionieren-der Junkie, der seinem Laster frönt.

Innsbruck 02

Zur Auslebung meines persönlichen Suchtverhaltens ist ein eigenes Auto Segen und Fluch zugleich: Einerseits ermöglicht es einem innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne ganz unkompliziert schier unendlich viele mögliche Runs zu erreichen. Andererseits erhöht das den Druck mächtig, immer die beste aller möglichen Optionen zu wählen. Rechnet man dann noch wechselnde Schneebedingungen, halbverlässliche Wettervorhersagen, unzählige Runs und den Wunsch etwas Neues zu entdecken vs. Liebgewonnene Alltime-Favourites, dann kann die Planung des morgigen Abenteuers schnell mal zu einer Übung im Gruppenmanagement bei Team Buildings ausarten, als in nettes Geplauder darüber, wieviel Spaß man am kommen-den Morgen haben würde.

Dennoch, die meisten Menschen würden wohl hier nicht darüber nach-denken, das Auto wegzulassen, um dieses „Problem“ zu lösen, und ich gehörte dazu. Als aber das zweite Auto, das wir von Schweden nach Österreich importiert hatten, seinen Geist aufgab und uns mit Null Rädern und zwei Dachboxen ratlos zurückließ, gaben wir es auf. Viele unserer Lieblingsruns in der Axamer Lizum enden sowieso in einem anderen Tal, da ist es wesentlich einfacher in den Bus nach Hause zu steigen, als zuerst zurück zum Auto zu kommen. Außerdem wäre das gut für die Umwelt! Etliche weitere, nur halbüberzeugende Argumente wurden ins Gespräch eingeworfen, welche nichts mit Geld, nervtötender Parkplatzsuche oder auch nur dem Unwillen, sich mit der Anmeldung eines Fahrzeugs in deutscher Bürokratensprache herumzuschlagen, zu tun hatten. Final stand unser kühner Entschluss: Wir würden machen, was viele vor uns bereits getan hatten und versuchen, inspirierende Lines zu finden und zu fahren, ohne ein Auto zu benützen. Und plötzlich, scheinbar über Nacht, fand ich mich in einem Filmprojekt darüber wieder. Für mich fühlte es sich so an, als ob ich aus einem angenehmen Tagtraum über idealistische Konzepte aufwachen würde und irgendjemand aus meinem schlaftrunkenen Gemurmel einen mündlichen Vertrag gemacht hätte. Einen ordentlichen Ski- und Snowboardfilm zu drehen, in dem große Faces und fantastische Lines gefahren werden sollten, das alles in den direkt rund um Innsbruck gelegenen Skiresorts und noch dazu nur mit Bussen, Liften und Fellen sah im kalten Herbstlicht bedeutend schwieriger aus. Wir aber waren Feuer und Flamme.

Innsbruck 03

Eigentlich war mein Plan für diesen Winter ein ganz anderer. Ich hatte gerade meinen Ingenieurs-Bürojob aufgegeben und sollte gegen Ende des Winters Vater werden. Ich wollte einfach nur coole Faces fahren, die ich von meinem Haus aus sehen und mit reiner Muskelkraft erreichen konnte. Der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich jetzt zum Producer, Location Scout, Athleten, Assistant Director, Mehr-oder-weniger-Guide und überhaupt allgemeinen Entscheider geworden war, war ein ziemlicher Hammer. Irgendwie jedoch kreisten das Team Useless und die Snowmads Gang rund um mich, und wir kreierten einen wilden Austro-Seeländischen Mix, zu dem noch ein paar deutsche und spanische Zutaten kamen. Schließlich gesellten sich auch noch die Freeride World Tour und Protect Our Winters zu unserem erlesenen Grüppchen und überraschten uns mit europaweiten Bahntickets. Dass wir so mit dem Zug auch zu den FWT-Events anreisen konnten, verlieh unserem Filmkonzept zusätzliche Tiefe.

Dass letztendlich alles geklappt hat, ist das Verrückteste für mich. Es heißt, „life is what happens while you’re busy making other plans“ und niemals zuvor hatte dieser Satz so viel Richtigkeit für mich wie letzten Winter. Wir sahen uns eine Line an, fanden raus, dass sie nicht zu befahren war und drehten trauernd um, nur um am Rückweg zufällig eine andere zu finden, die genauso gut war. Wir fuhren Berge ab, die wir seit Jahren vor unseren Fenstern hatten und die nur selten fahrbar sind. Das wichtigste für mich aber war, dass wir viele neue Lines in unmittelbarer Nähe fanden. Faces, die wir zu Fuß oder mit dem Bike von zuhause aus erreichen konnten, die aber ein bisschen versteckt lagen, die einen Extratag Begutachtung brauchen und für die wir uns nie die Zeit genommen hatten. Denn mit einem Auto schaut man sich den Schneebericht an und fährt einfach da hin, wo es den besten Powder gibt. 

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Damit wir uns nicht falsch verstehen: Nur weil diese neuen Lines nahe liegen heißt das nicht, dass sie einfach zu erreichen sind! In manchen Fällen gab es gute Gründe dafür, dass wir sie nie zuvor gefahren waren. Zum Bei-spiel die Line direkt hinter meinem Haus: Ein vielversprechendes Face mit Spines. In das man einzig und allein über einen 1.600 Höhenmeter langen, beinahe senkrechten Hike von der Straße aus kommt. Mit dem Freeridegepäck am Rücken und nächtlichem Aufbruch (um den Sonnenaufgang zu erwischen) ist das ein ganz schön weiter Weg…

Heute sitze ich auf meinem Balkon oder mache einen Spaziergang und grinse in mich hinein, wenn ich zu den Bergen rund um mein Zuhause aufsehe: „Dieses Face bin ich gefahren, durch dieses Couloir habe ich eine Line gefunden, über dieses Cliff bin ich gesprungen.“ Und ich hab mich den ganzen Winter über wie ein Entdecker gefühlt (obwohl wir leider nicht jede Line ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln filmen konnten). Klar ist das nett, dass dieser besondere Winter in einer Art auch „umwelt-freundlicher“ war, aber ich will nicht das „grüne Leben“ predigen und all jene verdammen, die das nicht können oder wollen. Die gesamte Bewegung um den Planeten Erde zu retten, ist ohnehin anthropozentrisch: Der Erde wird es langfristig gut gehen, wir versuchen nur, sie für nachkommende Generationen zu retten, damit wir uns nicht so schlecht fühlen, weil wir Flora und Fauna nach allen Regeln der Kunst zerstören.

Ja. Natürlich wäre es besser für den Planeten, wir ernährten uns allesamt vegetarisch und besäßen kein Auto, engagierten uns aktiv für Umweltschutz und wählten umweltfreundliche Politik und Elektrizität. Ich persönlich bin ein großer Fan dieser Dinge und versuche, so viel wie möglich in meinem Leben umzusetzen. Dieser Film soll aber kein tadelnder Zeigefinger sein, sondern Menschen dazu motivieren, ihren eigenen Hinterhof zu erforschen. Nur, weil es einfach ist zu reisen bedeutet das nicht, dass man es tun muss. Nutzt die faulen Tage zuhause doch, um spannende Dinge, interessante Menschen und spektakuläre Orte in Eurer Umgebung zu entdecken. Vielleicht findet Ihr ja etwas, das zu offensichtlich ist, als dass Ihr es jemals am Schirm gehabt hättet. So oder so werdet Ihr eine stärkere Verbindung zu dem Ort aufbauen, an dem Ihr daheim seid. Und das ist die Grundlage dafür, diesen Ort zu schützen. Sein Auto loszuwerden und zu sehen, was mit den eigenen Beinen, dem Bike oder der eigenen Vorstellungskraft möglich ist, ist ein Weg, das zu tun. Vielleicht findest Du aber eigene Möglichkeiten, Deine Augen etwas weiter zu öffnen. Wie auch immer Du es anstellst, in welchem Umfang auch immer, ich bin sicher, Du wirst etwas sehr Spezielles und Einzigartiges finden – in Deinem Hinterhof oder in Dir selbst.

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