Livigno is calling

Text: Thilo Wolff // Foto: Bergstolz
"Sind Sie farbenblind!?" schallte es uns aus dem Mauthäuschen nach dem Munt La Schera Tunnel wütend entgegen. Keine hundert Meter weiter ist die italienische Grenze, da hätte man unseren Rotlichtverstoß wahrscheinlich so beurteilt wie wir: Der Tunnel nach Livigno ist einspurig und kann nur in Wechsel befahren werden. Die Ampel hat „gerade“ auf Rot umgeschaltet als wir auf den Parkplatz gerollt sind. „Schweizerisch“ hieß das mindestens 30min Wartezeit. „Bayerisch, bzw. Italienisch“ hieß es nur „Gib Gas, sonst steh ma hier a Stunde in der Kälte rum!!!“.
Kennt Ihr das? Am Abend, nach einem perfekten Powderweekend, man sitzt zusammen, trink ein Glas Wein, auf dem Tisch steht a Jaus´n und alle grinsen um die Wette. Der eine checkt seine Cam und ist auf der Suche nach dem perfekten Bild des Tages, andere diskutieren wer den besten Powderturn hatte und irgendeiner bringt endlich das Wichtigste eines solchen Tages auf den Tisch – wohin geht der nächste Trip?
Grundsatz von uns 6 Freunden, alle ein klein wenig Bergsportverrückt, war keinen Spot zweimal für die jährliche „Freeride Ausfahrt“ anzusteuern. Und das ist nach den vielen Jahren gar nicht mehr so einfach! Dann fällt Livigno – und sofort steigen alle ein. „Steht seit Jahren auf der Liste!“ „Ich war mal dort im Sommer, ist echt cool!", ruft ein anderer.“ Nur die Anfahrt sei etwas umständlich wegen dem Tunnel! (siehe oben!), aber sonst…
Wir sind bereits am Vorabend angereist, was übrigens sehr empfehlenswert ist. Unser Appartement war Ski-In Ski-Out direkt an der Mottolino Seilbahn, an der wir auch am ersten Tag in der Früh starten. Wie es sich in Italien gehört, treffen wir unseren Guide an der Espressobar. Ein kurzes Ciao Ragazzi, ein kleiner Cafe con Brioche und los ging es Richtung Carosello. Leider hatten wir nicht ganz so viel Glück mit dem Neuschnee, aber dolce vita pur bei blauem Himmel und der Überzeugung „a bisserl was geht immer“ lässt auch an solchen Tagen hoffen, im Backcountry noch den ein oder anderen Powderhang zu finden.
Nach zwei Abfahrten auf der Piste, auf der wir von Bergführer Matteo kritisch beäugt und eingeschätzt werden, und einem kurzen Hike mit den Ski auf den Rücken, standen wir in dieser grandiosen Landschaft und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Obwohl seit mehreren Tagen kein Neuschnee gefallen war, standen wir vor einem unverspurtem Nordhang. Ride on & enjoy war die Devise und spätestens jetzt waren wir alle ein klein wenig in Livigno verliebt. Wir verbrachten den ganzen Tag auf der Carosello-Seite und es war immer das Gleiche. Lift, kurzer hike, leider geil. Den Nachmittag ließen wir in der Fussgängerzone ausklingen wie man das in Italien so macht - Vino Bianco, Aperol Spritz und gute Music in einer Bar.
Am zweiten Tag ging es mit der ersten Bahn auf die andere Seite des Skigebiets. Erneut spielte das Wetter perfekt mit und nach der ersten Abfahrt fragte unser Guide: “Habt Ihr Lust auf einen kurzen Aufstieg mit den Fellen?” Der Punkt, an dem normalerweise die Hubschrauber fürs Heliskiing landen, sei in einer knappen Stunde erreicht! Keine Frage für uns, wenn wir wieder so einen Hang finden wie am Vortag, steigen wir gerne auf!
Blauer Himmel, in der Ferne der Piz Bianco mit dem Biancograt und absolute Stille waren unsere Begleiter. Die Temperatur so hoch, dass immer mehr Lagen im Rucksack und daran verstaut werden mussten. Aber der Lohn der schweißtreibenden Aktion war ein mehr als grandioser Ausblick und ein nahezu perfekter Hang, der uns nach knapp 1000 Tiefenmetern an der Ponte Vallaccia ausspuckte. Ein kurzer Trip mit dem Bus (alle Busse sind im Liftticket inkludiert) ein Zwischenstopp zum Mittagessen – natürlich auf Empfehlung von unserem Bergführer aus Livigno, Matteo, eine etwas verstecktes Lokal mit Hammer Essen - ging ganz entspannt zurück nach Livigno zum Nachmittagscruisen.
Unseren letzten Tag nutzten wir um das gesamte Skigebiet abzufahren und wer schon einmal in Italien war, der weiß, dass das gesamte Paket dort immer mega ist. Perfekte Pisten, super Essen und das Glas Vino darf nie fehlen.
Unser Fazit zu Livigno – die Anfahrt ist nicht so schlimm wie erwartet und lohnt sich, wenn man länger als 3 Tage bleibt. Das Tal ist ein Traum, das Gebiet riesig – endlose Hänge auch nach langer Zeit ohne Neuschnee findet man immer noch unverspurte Powderturns. Das Backcountry ist nicht nur landschaftlich ein Traum, sondern bietet allen Freeridern alle Möglichkeiten und Varianten. Am Abend haben wir uns bereits für das nächste Jahr eingelockt – man muss auch mal Grundsätze über Bord werfen und wenn es geil ist, kann man auch ruhig mehrfach zum gleichen Spot aufbrechen!
ÜBER LIVIGNO
„Feel the Alps“ — der Leitspruch Livignos ist zugleich die Einladung an alle Aktivurlauber, die vielfältige Ganzjahresdestination in den italienischen Alpen umfassend zu erleben. Im Winter besticht der größte Wintersportort der Lombardei, der im Winter 2016/2017 mit dem zweiten Platz der „Best Ski Resorts“ ausgezeichnet wurde, mit seiner schneesicheren Saison von November bis Mai. Für Schneesportler aller Disziplinen und Levels stehen 115 Pistenkilometer zu allen Bergseiten in einer Höhe von 1.800 bis 2.900 Metern bereit. Im Tal dürfen sich Langläufer auf 30 Kilometer bestens präparierter Loipen und eine Biathlon Arena freuen. Freerider kommen dank Echtzeit-Informationen zu Wetter und Schnee eigens für die Hänge von Livigno besonders auf ihre Kosten.
Eine bis heute gültige Bestimmung aus dem 17. Jahrhundert erlaubt zollfreies Einkaufen und macht Livigno zum Ziel für Liebhaber qualitativ hochwertiger Produkte.
www.livigno.eu