bergstolz

Spitzbergen Sail & Ski in der Arktis


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SAS Flight SK 4414 from Tromsø to Longyearbyen - in meinen Händen halte ich die Boardingkarte, mit der ein lang ersehnter Traum in Erfüllung geht. Vier Wochen Skitouren an der Westküste Spitzbergens stehen uns bevor und mit etwas Glück wird uns der alte Zweimastschoner "Nooderlicht" bis knapp unter den 80. Breitengrad bringen. Nachdem wir zuvor in den Lyngen Alps unterwegs waren, sind es nur noch zwei Flugstunden und wir erreichen die Endstation des europäischen Flugnetzes.

An dieser Stelle ist es interessant, kurz über die Namensgebung der Inselgruppe nachzudenken. Die Bezeichnung Spitzbergen bezieht sich heute nur auf die größte Insel des Archipels. Mit dem sogenannten Spitzbergenvertrag erhielt Norwegen vor 100 Jahren die Souveränität über die Inseln und mit dem Namen Svalbard möchte man dezent auf die Entdeckung der Inseln durch die Wikinger im 12. Jahrhundert hinweisen. Das fällt leider ins Reich der Legende und die Ehre gebührt dem niederländischen Seefahrer und Entdecker Willem Barents. Dieser taufte spontan die Inseln wegen der Form ihrer Gipfel auf den Namen Spitzbergen.

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Longyearbyen – im Land der Eisbären

Angekommen in Longyearbyen fällt es schwer zu beschreiben, was man fühlt. Erwartungen von einsamer, arktischer Wildnis werden zunächst enttäuscht, denn wir finden uns in einem weit zerstreuten Industriegebiet wieder, dessen flächenmäßige Ausdehnung beeindruckend ist. Das alte Zentrum der Siedlung mit der auffälligen Kirche liegt mutig platziert unter bedrohlich steilen Bergflanken. In unmittelbarer Nachbarschaft erzeugen verfallene Bergwerksanlagen eine gespenstische Atmosphäre. Die touristische Infrastruktur befindet sich im neuen Zentrum des Ortes am Eingang des weiten Tales. Auffallend ist die Anzahl von Schneemobilen, die überall abgestellt sind, wobei einige nicht mehr wirklich funktionstüchtig erscheinen. Da Svalbard zollfreies Gebiet ist, kostet der Alkohol genau die Hälfte wie auf dem norwegischen Festland. Das animiert einige Besucher offensichtlich zum ausgedehnten Feiern. Bars und Restaurants sind gut besucht und wir haben schnell gelernt, dass man hier am Ende der Welt ohne Reservierung nicht so leicht einen Essplatz bekommt. Ein Thema, das allgegenwärtig und nicht zu unterschätzen ist, sind die Eisbären. Man sollte sich bereits einige Monate vor der Abreise damit auseinander setzen, denn ohne Schusswaffe geht nichts in Spitzbergen und ohne vorherige Genehmigung vom Sysselmannen gibt es kein Gewehr im Verleih. Nachdem wir unsere Original Mauser von 1937 aus ehemaligem Wehrmachtsbestand in Empfang genommen hatten, konnten wir ausrücken.

Nordenskiöldfjellet und Trollsteinen

Die erste Tour führt uns auf den Nordenskiöldfjellet, 1.053 m - auch wenn es schwerfällt, den Namen muss man sich merken. Der Hausberg von Longyearbyen bietet verschieden Aufstiegs- und vor allem Abfahrtsvarianten und die Tour kann problemlos direkt vom Ort aus unternommen werden. Als weitere Tour biete sich der Trollsteinen an, der gut mit dem Besuch einer Gletschergrotte verbunden werden kann. Beide Gipfel bieten bei gutem Wetter natürlich nur eine gigantische Aussicht auf den Isfjorden und die Berge von Oscar II und Dickson Land.

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Boarding - SV Nooderlicht

Endlich war es dann soweit und die Nooderlicht läuft im Hafen von Longyearbyen ein. Die Crew braucht noch einen Tag bis das Schiff bereit ist für den ersten Trip. 10 Tage haben wir Zeit und der Plan ist, so weit wie möglich nach Norden vorzudringen. Der Wetterbericht passt. Damit meine ich die Windrichtung, der kommt nämlich gerade aus Süden, was etwas ungewöhnlich ist, vor allem für einen längeren Zeitraum. Also, das Gute ist, wir haben Rückenwind, der Nachteil ist, dass es zu warm ist und die Wolken ziemlich tief hängen. Wir nehmen´s gelassen, legen ab und fahren quer über den Isfjorden in die Trygghamna Bucht. Dabei spüren wir zum ersten Mal die Kraft des Windes, alles was nicht niet- und nagelfest ist, wechselt sehr schnell seinen ursprünglichen Platz.

Ankern im Sankt Jonsfjorden

Schon gestern Nachmittag hatten wir eine geniale Sicht auf die Bergketten, die bei der Namensfindung der Inselgruppe Pate standen. Wir steigen in das Zodic und landen am Strand an. Das geht einfacher als erwartet und nachdem wir die Gewehre geladen haben marschieren wir los. Zunächst alle zusammen, später machen wir zwei Gruppen und gegen Mittag erreichen wir über den Gletscher namens Graffelbreen eine unbenannte, knapp 800 m hohe Spitze. Zurück auf dem Schiff erwartet uns Gabriela, unsere Köchin, bereits mit heißer Suppe und frisch gebackenem Brot. Während wir unsere Suppe genießen hat der Captain schon den Anker lichten lassen und wir nehmen wieder Fahrt auf gegen Norden. Wir nutzen die Zeit, um mit dem Fernglas das Ufer nach irgendwelchen Zeichen von Eisbären abzusuchen. Trotz der Gefahr, die eine unerwartete Begegnung mit diesem Tier mit sich bringt, hofft natürlich jeder, dass wir einen Bären zu Gesicht bekommen.

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Von der Engelskbukta nach Ny-Alesund

Mit dem Zodic setzen wir über ans flache Ufer. Wir werden heute die Überschreitung von der Engelskbukta bis in den Kongsfjorden nach Ny-Alesund machen. Auch wenn die Sichtverhältnisse nicht ganz optimal sind ist die Tour kein Problem, weil erstens unser Polarexperte Chris diese Tour schon häufiger unternommen hat und zweitens das Gelände den Weg ziemlich klar vorgibt. In Ny -Alesund angekommen haben wir noch Zeit, das Museum und einige der Forschungsstationen zu besichtigen, bevor es uns zu Gabrielas Après-Ski-Suppe zieht, oder steht heute vielleicht frisch gebackener Kuchen auf dem Plan?

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Magdalenenfjord – Keine Menschenseele

Erneut muss der Steuermann sein Abendessen stehend am Ruder einnehmen, denn wir haben einen weiten Weg vor uns. Noch vor Mitternacht wollen wir den Magdalenenfjord erreichen. Dieser Fjord gilt als einer der schönsten in ganz Spitzbergen und wird vor allem im Sommer viel von Ausflugsbooten besucht. Wir sind ganz allein hier unterwegs und überhaupt sollten wir die ganze Reise hier oben die einzigen sein. Der Hafen in Longyearbyen war leer, die anderen Skitourenschiffe kommen erst einen Monat später. Die Fahrt hier hoch ist ein Traum. Es ist kälter geworden, die Luft ist klar und die Sicht ist unglaublich. Wir sind jetzt schon weit über dem 79° Breitengrat und es wird gar nicht mehr dunkel. Und so segeln wir mit Motorunterstützung bei vollem Licht kurz nach Mitternacht in den Fjord ein und gehen auf seiner Nordseite vor Anker.

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Überschreitung zum Smeerenburgfjord

Und weil es den Tag zuvor so gut geklappt hat, nehmen wir uns heute gleich wieder die Überschreitung einer Landzunge vor und lassen das Schiff alleine außen herumfahren. Ganz so sicher sind wir unserer Sache jedoch nicht und deshalb werden wir per Funk dem Captain mitteilen, wo er uns wieder aufsammeln darf. Die Tour führt zunächst über den Salzburgbreen fast 1.000 m hoch hinauf, bevor wir in die Scheibukta abfahren. Ein besonders schönes Erlebnis war danach die Fahrt durch das Treibeis im Bjørnfjorden, leider war auch hier der Bär heute nicht zu Hause und wir ankern am Ausgang der Bucht. Für den nächsten Tag haben wir nochmals eine Tour weiter nördlich geplant, wollen aber hier die Wetterentwicklung abwarten. In dieser Ecke Spitzbergens waren Ende 16., Anfang 17. Jahrhundert die Walfänger aktiv und es gibt einige historische Plätze, die Zeugnis die Zeit sind. So findet man auf mehreren flachen Landzungen Spuren der Tranöfen, wo das Öl aus den erlegten Tieren gewonnen wurde, um dann am Ende des Sommers nach Europa verschifft zu werden.

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Besuch der Walfangstation Danskeneset

Am nächsten Morgen hängen dichte Wolkenbänke über den Bergen und wir fahren auf eine alte Walfangstation. Es gibt keinen Wal mehr, dafür aber ein Walross. Auch nicht schlecht. Nachdem uns Chris unter Einhaltung aller Vorschriften über das Gelände und das Walross geführt hat, verlassen wir diesen magischen Ort und gleichzeitig sind wir hier am nördlichsten Punkt unserer Reise angelangt. Wir sind zwar noch ein gutes Stück vom 80. Breitengrat entfernt, jedoch ist es schon ein besonderes Gefühl, so weit nördlich Ski zu fahren und fast auf 1.000 km an den Nordpol herangekommen zu sein. Jetzt ist das Geschick des Skippers gefragt, denn die Ausfahrt aus diesem Fjord ist eng und nicht besonders tief.

Prins Karls Forland, Rudmosefjellet und Boureefjellet

Wer sich die Karte von Spitzbergen anschaut, dem fällt sofort die langgestreckte, westlich vorgelagerte Insel auf. Der nördliche Teil bietet einige gute Möglichkeiten für Skitouren. Wir visieren die Grimaldibukta als Ankerplatz an, was für das Schiff eine durchaus sportliche Distanz darstellt, weil mehr als 10 - 11 Koten macht die alte Dame nicht und so sind wir einige Stunden unterwegs. Schließlich erreichen wir gegen Mitternacht die Bucht und schon beim Anblick der Gletscher freuen wir uns auf den nächsten Tag. Dieser beginnt vielversprechend und wir starten Richtung Gletscher. Nach kurzer Zeit jedoch schon zieht eine dunkle Wolkenbank über die Insel und verhüllt die Gipfel, so dass wir eine ganze Zeit im Nebel unterwegs sind, bevor wir abbrechen. Unterhalb von 400 m scheint die Sonne von der Seite unter die Wolkendecke. Das ist wirklich eine surreale Stimmung und wir genießen diesen Augenblick. Der Schnee wäre perfekt zum Abfahren, aber bei der Sicht in dem vergletscherten Gelände wollten wir kein Risiko eingehen. Unten am Wasser wartet schon Johnson, der 1. Offizier und Steuermann im Zodiac auf uns.

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Barentsburg und der Rote Bär

Wer ein bisschen in der Geschichte Spitzbergens geblättert hat, dem ist aufgefallen, dass neben den Norwegern vor allem die Russen Bergbau auf der Insel betreiben. Die einzige im Betrieb verbliebene Mine befindet sich in Barentsburg. Der Ort liegt an dem kleinen Grønfjorden gegenüber der Trygghamnabucht. Wir möchten diese russische Enklave auf jeden Fall besuchen und angesichts der verbleibenden Zeit werden wir direkt nach Barentsburg fahren. Der Ort ist wirklich einen Abstecher wert, kommt man sich in sozialistische Zeiten zurückversetzt vor. Schon der Hafen und die endlose Holztreppe vorbei an den alten Gebäuden ist sehr sehenswert. Natürlich darf der obligatorische Bar-Besuch im Kracnij Medwed (Roten Bär) nicht fehlen. Den Ausgang kann sich jeder selbst vorstellen. Nach dem Besuch fahren wir noch einmal in die Trygghamnabucht und werden dort die letzte Skitour unternehmen. Nach der Tour zum Protektorfjellet , dem Wächter über die Einfahrt in den Isfjorden, geht die Fahrt zurück in den Hafen von Longyearbyen, wo wir Abends von unserer Crew mit dem Captains Dinner verabschiedet werden, denn am nächsten Morgen verlassen fast alle von uns das Schiff und auch ein Teil der Crew wird wechseln.

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Ein gelungener Abschluss

Nach zwei Tagen Aufenthalt in Longyearbyen stechen wir wieder in See. Der Wind kommt von Norden, es ist etwas kälter geworden und wir werden 10 Tage blauen Himmel haben. Eisbären haben wir auch gesehen dafür hat unser Schiff bei diesem Wind keine Chance weiter nach oben zu kommen. Wir sind ein paar Tage im Isfjord geblieben und haben dort in verschiedenen Buchten geankert. Ein echtes Highlight war dieses Mal der Tag der Trygghamna Bucht. Wir waren zunächst auf dem Gipfel des Lagmannstoppen und anschließend noch auf dem Protektorfjellet. Die Abfahrten hätten nicht besser sein können, steil und perfekte Schneeverhältnisse. Eine ähnliche Kombination mit über 1.700 genialen Abfahrtsmetern haben wir gegen Ende der Reise noch auf der Nordseite des Sankt Jonsfjordes bekommen. Das war auch der nördlichste Punkt, den wir bei den Windverhältnissen mit diesem Schiff erreichen konnten.

Infobox

Spitzbergen ist eines der nördlichsten bewohnten Gebiete der Welt, das für sein felsiges, abgelegenes Gelände mit Gletschern und gefrorener Tundra bekannt ist und außerdem Eisbären, Spitzbergen-Renen und Polarfüchsen Schutz bietet. Im Winter sind die Nordlichter sichtbar und im Sommer gibt es die "Mitternachtssonne" – 24 Sonnenstunden pro Tag.

DIRK’S HIGHLIGHT:

Die Überschreitung zum Smeerenburgfjord fjiords: „Das Gefühl war einfach unbeschreiblich. Nie werde ich vergessen, wie unser Schiff durch das Packeis in der Bucht anlegte, wir bei einer Schweinekälte die Fälle aufzogen und bei der Abfahrt das Polarmeer zu unseren Füßen lag!“

ANREISE

Von Deutschland aus nach Tromso, Norwegen, von dort aus weiter nach Longyearbyen. In Spitzbergen angekommen, Ankert euer Schiff in Longyearbyen.

GUIDES:

Dirk Groeger und Maia Stoilova der Mountain Spirit Berg- und Skischule. Seit über 20 Jahren sind die zwei weltweit zum Skifahren und Bergsteigen unterwegs. Die Bergschule rund um Dirk arbeitet mit einem kleinen Team, sie organisieren und leiten ihre Reisen selbst und teilen ihre Passion für die Natur mit jedem ihrer Gäste.

INTERNETADRESSEN:

www.mountain-spirit.de
www.skitouren-norwegen.com

Nächste Skitourenreise nach Spitzbergen // April/Mai 2021

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