Indian Summer – Saalbach
INDIAN SUMMER – SAALBACH –HINTERGLEMM
Mitte September 2013. Es war der erste kalte Tag nach einem langen Sommer in den Alpen. Über Innsbruck hingen tiefliegende graue Wolken und die Temperaturen im Tal kamen kaum über 5 Grad Celsius hinaus. Ein trister Herbsttag wie er im Buche steht. Am nächsten Morgen taten sich die ersten Wolkenlücken am Himmel auf und die ersten Gipfel in dünnem weißen Kleid traten in Erscheinung. Mental rückte somit die Bikesaison schon weit in den Hinterkopf. Gedanken an den dringenden Skiservice machten sich breit und wo denn noch die Goggles und Handschuhe ihr Sommerquartier bezogen hatten.
Doch dann riss mich ein Anruf aus der vorwinterlichen Gedankenwelt. Paul Masukowitz auf der anderen Seite der Strippe teilte mir mit, dass er zum Photographieren mit Andreas Vigl und Matthias Öhlböck in Saalbach Hinterglemm die nächsten Tage verbringen würde und ob ich nicht die vierte Person in der Crew sein wolle. Welche Frage?! Bremsbeläge, Federgabel und Dämpfer gecheckt und eine Stunde später fand ich mich im Auto Richtung Osten auf der Inntalautobahn wieder.
Knappe zwei Stunden später erreiche ich Saalbach. Speziell der Spätsommer in den Alpen hat mit seiner tief stehenden Sonne und der für gewöhnlich sehr trockenen Luft seinen ganz besonderen Charme. Der berühmte Indian Summer. Bislang ist davon noch nicht viel zu spüren. Unsere erste Fahrt geht hinauf zum Schattberg und weiter zum Westgipfel. Es fühlt sich eher nach tiefstem Winter an als nach wohlig warmen Sonnenstrahlen. Wind und immer wieder Schneeschauer aus den durchziehenden Wolken. Neben eingefrorenen Fingern ist dies aber gleichsam eine faszinierende Atmosphäre, in der wir die Saalbacher Trails in der Einsamkeit genießen und uns einen ersten Überblick über die Möglichkeiten verschaffen zu können.
Biken für Jedermann! So oder so ähnlich versucht jede Region sein Portfolio generationsübergreifend zu kommunizieren. Aber kaum ein Gebiet wird diesem Credo so gerecht wie Saalbach Hinterglemm. Kein Wunder, ist es doch eine der ersten Regionen in den deutschsprachigen Alpen, die das Potential der Abfahrtsorientierten Biker entdeckt hat. Mit dieser Expertise verstehen es die Parkbauer von Saalbach-Hinterglemm wie kaum andere, den Wandertourismus mit Downhill, Enduro oder Cross Country Bikern unter einen Hut zu bekommen. Klar gekennzeichnete Trails, parallel verlaufende Wanderwege und Forstwege führen dazu, dass ein gemeinsames erleben der beeindruckenden Bergwelt nie zu Komplikationen führt. Mit allgemein wachsender Begeisterung für den Sport auf den breiten MTB-Reifen und den weiten Federwegen zeigt Saalbach Hinterglemm nun gekonnt, wie man die verschiedenen Niveaus der Biker unter sich ebenso wie die verschiedenen Ansprüche von Bikern vereint.
Nachdem das Mountainbiken immer mehr Menschen in seinen Bann zieht, richten dementsprechend immer mehr Hotels ihre Konzepte speziell für die Biker aus. Das Hotel Sonnleiten beispielsweise nutzt dieses Privileg seiner perfekten Lage an der Milka Line mit verschiedenen Kursen, Camps oder kurzen Vormittagsguidings, um den Besuchern ein möglichst großes Spektrum an individuellen Paketen schnüren zu können.
Wir kommen für die Tage im Saalbacher Hof unter, das sich nicht minder für Biker anbietet. Mit der eigenen Bikewash-Station, rustikalem Restaurant für die Burger zur Mittagsjause und der Haustüre zwischen Schattberg Express und Gaiskogelgipfelbahn könnte die Lage des Hotels in Saalbach kaum besser sein. Selbstverständlich ist auch der Saalbacher Hof Partnerbetrieb der Joker Card. Bei all diesen ist die Joker Card bei Buchungen inklusive, die den kostenlosen Zugang zu allen Gondelbahnen der Region ermöglicht, sowie zu anderen Sportstätten wie den Tennisplätzen und dem Freibad in Saalbach. Durchgefroren und durchnässt ist all das für uns aber zunächst zweitrangig. Viel mehr lockt der Pool- und Saunabereich des Hotels als perfekter Ort für die Nachmittagsgestaltung.
Zurück zum Thema Mountainbiking. Der nächste Tag bricht an. Der Saalbacher Hof bietet kostenlose Guidings mit niemand geringerem als Marlene Krug an, die in der Region sicher zu den besten Downhillerinnen gehört. Schon zwei Jahre zuvor kam ich in den Genuss, von ihr durch ihren Homespot geführt zu werden. Damals auf Ski. Und auf dem Fully erweist sie sich an diesem Tag als nicht weniger geeignet. Pünktlich zum Ausstieg aus der Gondel des Schattberg Express blitzt die Sonne durch die Wolkendecke. Noch leicht schüchtern wie im Frühjahr schickt sie die ersten Strahlen, die den kleinen Schneefeldern des Vortages zu Leibe rücken. Langsam aber sicher trocknen die Trails, so dass auch die Wurzelpassagen wieder den nötigen Grip aufweisen. Über eine kleine Abkürzung, die den Aufstieg zum Westgipfel erspart, führt Marlene uns zum Einstieg des Bergstadl Trails. Mit Spitzkehren, verblockten und wurzeligen Abschnitten ist diese
Alternative zum Hacklberg Trail im gesamten Gebiet die sicherlich anspruchsvollste naturbelassene Variante. Ohne Frage eines der Highlights!
Die wahre Stärke Saalbach Hinterglemms ist zusammenfassend aber das vielseitige Angebot, das uns von Marlene in allen Facetten präsentiert wird und von Jahr zu Jahr um Attraktionen reicher wird. So war es in diesem Jahr die komplett neue Z-Line, die sowohl Anfänger als auch alte Hasen anspricht und mit dem Beats and Drums Festival im Juli eingeweiht wurde. 2012 kam schon ein weiterer Trail dazu, der besonders die Enduristen ansprechen soll. Zum Einstieg des Hochalm Trails sind von der Bergstation der Reiterkogelbahn noch 500 Höhenmeter aus dem Oberschenkel Tal einwärts zu überwinden, ehe dann ein naturbelassener Trail mit über 1000 Höhenmeter hinunter ins Tal folgt. Eine weniger häufig gefahrene Variante startet ebenfalls von der Reiterkogelbahn. Auch um zu diesem Trail zu gelangen geht es ca. 500 Höhenmeter bergauf, zunächst wieder Richtung Roßwaldhütte, an der man sich rechts hält. Der Reiterkogel markiert letztlich den Startpunkt für den Wetterkreuztrail, der hinunter zur Reiter Alm führt. Dort angekommen hat man mit Blue-, Pro-Line und dem Evel Eye Trail dann die Qual der Wahl für die Abfahrt nach Hinterglemm.
Dass sich die gesamte Infrastruktur des Tals voll auf den Biketourismus eingestellt hat, wird einmal mehr bei unserer Kaffeepause am Spielberghaus deutlich. Für kleine Reparaturen ist in der hauseigenen Werkstatt alles vorhanden. So kann es trotz Matthias Schaltzugrisses ohne große Verzögerung weiter gehen. Zugegebener Maßen verzögert sich unsere Weiterfahrt dann doch recht entscheidend. Die wunderschöne Südterrasse lädt zum Verweilen ein. Die Sonne wärmt das dunkle Holz der Veranda und sofort fühlen wir uns in den Sommer zurück versetzt. Die Nasenspitze Richtung Sonne geneigt vergessen wir die Zeit und genießen die nachmittägliche Ruhe. In den Genuss eines weiteren Trails kommen wir letztlich aber doch noch, denn unterhalb vom Spielberghaus geht es direkt in den kurzen, technisch verspielten „Höllentrail“. Die Tage sollten in diesem Gebiet mehr Stunden haben, schließlich haben wir noch immer nicht alle Trails und Lines unter die Reifen nehmen können. Aber der Liftschluss ist unerbittlich und wir verabschieden uns von unserem Guide des Tages. Prognose für den folgenden Tag: Der Spätsommer soll uns erhalten bleiben.
Was fehlt noch auf der Liste? Richtig. Die zweite Gondelbahn direkt vor unserer Nase. Die Kohlmaisgipfelbahn, die den Panorama-Trail und die Milka Line bedient. Das perfekte Trainingsareal für Kurse und die ersten Versuche im Bikepark liegt also nach dem Frühstück auf dem sprichwörtlichen Präsentierteller des Saalbacher Hofs. Für diejenigen, die schon ihre geballte Erfahrung in die Waagschale des Glemmbachs werfen, lockt dieselbe Line, um die Muskeln für größere Aufgaben des Tages aufzuwärmen und zu lockern. Zwei Möglichkeiten bieten sich hier. Zunächst der Ausstieg an der Mittelstation der Bahn, der den Beginn der Milka Line beschreibt. Zweite Möglichkeit ist der Panorama Trail, der an der Bergstation der Gondel beginnt. Viele Anlieger, dann ein kleiner Abstecher in wurzelige Passagen im Wald, bis der Trail letztlich mittig in die Milka Line mündet. Den Nachmittag verbringen wir am Schattberg Express. Die X-Line unterhalb der Gondel ist nicht grundlos die wohl bekannteste Linie im Tal. Schließlich ist es die vielseitigste. Vom flowigen Single Trail zu Beginn über technische Abschnitte im Mittelteil und mächtigen North Shore Elementen ist hier alles geboten.
Langsam neigt sich der letzte Tag unseres Trips dem Ende entgegen. Noch einmal begeben wir uns auf den Westgipfel des Schattbergs zum Einstieg in den Hackelbergtrail. Und schließlich haben wir ihn mitten unter uns, den Sagen umwobenen Indian Summer. Die Sonne senkt sich im Westen und hüllt die herbstliche Landschaft in ihr warmes, gelbes Licht. Leichte Nebelfelder liegen über den Almwiesen. Der tief stehenden Sonne entgegen genießen wir noch einmal den flowigen Trail mit überwältigendem Alpenpanorama. So verabschiedet uns das bikeverrückte Tal in den Winter, auf dass wir im nächsten Sommer wieder auf den Rädern unserem Weg in diese vielseitige Gegend finden werden. Ja, dieser Kurztrip wird noch lange in meinem Kopf bleiben. Vier Jahreszeiten in vier Tagen. Schon am 23. Mai startet die Bikesaison 2014 in Saalbach Hinterglemm mit der Reiterkogelbahn und der Öffnung der Blue- und Pro-Line sowie dem Evel Eye Trail. Am 6. Juni zieht dann die Kohlmaisgipfelbahn mit der Milka-Line nach. Ab dem 28. Juni werden dann alle Bahnen und Trails geöffnet sein. Und auch die mittlerweile traditionellen Events werden im Jahr 2014 ihre Wiederholung finden. Der „Lake of Charity“ wird nun schon zum vierten Mal an den kleinen Speicherteich an der Gerstreitalm locken, um für einen guten Zweck zu spenden und das Sommergefühl im Herzen des Glemmtals auszuleben. Zudem wird Anfang Juli selbstverständlich auch das Bikes and Beats Festival seine Neuauflage erleben.
Text: Bastian Bäumer Foto: Paul Masukowitz
Infobox:
Öffnungszeiten:
Mai bis Oktober
Anreise:
Von Norden/Westen: Von der Inntalautobahn kommend (E45/A93[D]/A12[A])
Abfahrt Kufstein bzw. Wörgl Richtung St. Johann in Tirol. Von dort aus auf der
B164 Richtung Saalfelden.
Von Osten/Süden: Von der Tauernautobahn kommend (E55/A10[A]) Abfahrt
Bischofshofen auf der B164 Richtung Saalfelden.
In Saalfelden auf die B311 Richtung Zell am See. Bei Maishofen auf die
Gelmmer Straße einbiegen (L111) und bis Saalbach bzw. Hinterglemm folgen.
Entfernung:
Von München 176km, von Innsbruck 152km, von Wien 385km.
Unterkünfte:
www.saalbacherhof.at | www.hotel-sonnleiten.at
Links:
www.saalbach.com | freeride.bike-circus.at
Events:
03. bis 06. Juli – Bikes and Beats Festival
www.bikes-and-beats.com
25. bis 27. Juli – Lake of Charity
www.lakeofcharity.at
04. bis 07. September – World Games of Mountainbiking
www.worldgames.at