Rider Profile - Jochen Reiser
Wie alles begann: Jochen kommt aus einer Skisport begeisterten Familie und musste als deutlich jüngster von drei Kindern einfach immer und überall mit. So auch beim Skifahren, ihm blieb gar nichts anderes übrig, als mit zwei Jahren damit anzufangen. Nach ein paar moderat-begeisterten Rennlaufjahren in der Kindheit, stieg er recht früh in die Skilehrerausbildung ein, die Ausbildung gab ihm technische Grundlagen für alle weiteren skifahrerischen Entwicklungen. Zu der damaligen Zeit hätte er nie gedacht, dass die Ausbildung zum staatlichen Skilehrer und später zum Skiführer, ihm mehr in seinem Beruf weiterhelfen würden, als die zwei Diplome in Geografie und Sportwissenschaft.
“Kaum zu glauben, dassder Anfang desGanzen schonüber 20 Jahrezurück”
Skifahrerisch ging es mit 18 Jahren richtig los, die ersten europäischen Big Mountain Contests klopften an – oder hieß es damals sogar noch Extrem-Skiing? „Wie es als „Junger Wilder“ halt so ist, dachte ich damals öfters mal zu wenig nach, riskierte zu viel und hatte auch meistens Glück damit. Das treibt zumindest die eigene Entwicklung und persönliche Karriere an.“ Durch die Contests wurden einige Marken auf Jochen aufmerksam und nach ein paar gesponsorten Ski wurden später auch lukrativere Deals eingefädelt. „Ab diesem Zeitpunkt habe ich das erste Mal etwas langfristiger über ein dauerhaftes Leben in dem Ski-Business nachgedacht.“ Wie es zum aktuellen Zeitpunkt ausschaut, gingen diese Pläne letztendlich auch auf. Vor 10 Jahren kam der Garmischer zu Salomon. Bei der französischen Größe wurde Jochen immer mehr zur Allzweckwaffe, er tritt nicht nur als Rider auf, sondern verstärkt das Team auch in marketing Bereichen und unterstützt das Freeski Team mit seiner Erfahrung. Seitdem ist er nicht nur als Athlet, sondern auch als Community Manager in unserer Szene unterwegs und kümmert sich mehr und mehr um die neue Generation. Zudem gründete Jochen vor nun mehr 12 Jahren mit der snowacademy sein eigenes Unternehmen und bietet seitdem Freeride-, Touren- und Safety Camps in den Alpen an. Denn ein weiteres, sicheres Standbein zu haben ist wohl typisch deutsch und in unseren Genen verwurzelt, selbst wenn man ansonsten das ein oder andere Risiko in seinem Sport akzeptiert. Mittlerweile bietet die snowacademy zusammen mit sieben professionellen Guides jedes Jahr zahlreiche Camps an. Quer durch die Alpen bis hin nach Georgien, wollen Jochen und sein Team ganz normalen Skifahrern die Möglichkeit bieten, ihr persönliches Freeriden zu verbessern oder den Einstieg in dieses erstmal zufinden.
„In der Retroperspektive betrachtet, und ich glaube das darf ich mir erlauben, geht es letztendlich nicht um das Risiko und das pulsierende Adrenalin in unseren Adern. Vielmehr geht es um die Freude bei dem für uns wohl schönsten Sport der Welt. Um Möglichkeiten, dieses Leben ein Leben lang zu führen und viele, unvergessliche Momente am Berg zu verbringen.“
Nach zwölf Jahren internationaler Wettkampfteilnahme und über 20 Jahren Filmen und Fotografieren im Skisport, verliert die Jagd nach Veröffentlichungen und dem nächsten Powdershot etwas an Intensität. Es muss nicht jeder Tag am Berg Momente haben, die auf Messers Schneide stehen oder an denen man sich selbst übertrifft. Vielmehr bleibt aber der Genuss am Skifahren selbst. Irgendwann geht es nicht mehr darum, das größte Risiko einzugehen, sondern genau dieses zu minimieren, es geht darum, die Berge und den Schnee zu verstehen und das eigens angeeignete Wissen letztendlich weiterzugeben.
„Nicht falsch verstehen, ich liebe es immer noch Gas am Berg zu geben, meine eigenen Grenzen auszutesten und die eigenen Fähigkeiten stets zu verbessern.“
Jedoch ändert sich der Fokus und man beginnt, das Skifahren ganzheitlicher zu betrachten. Etwas über das nächste Cliff hinaus zu schauen und zu verstehen, was hinter dem Freeride-Sport steckt und was ihn am Leben erhält. Denn nur so kann man seinen eigenen Job und professionelles Skifahren über die absolute Hochphase als reiner Athlet aufrechterhalten. Vielleicht ist es nicht für jedermann etwas: aber mir persönlich gibtes viel. Wenn man mit Jochen im Gespräch ist, wird schnell klar, dass er seinen Enthusiasmus und Spaß am Freeriden auf professionelle Weise an andere Skifahrer weitergeben möchte, auch wenn das eigene Filmen und Fotografieren zeitlich darunter etwas leiden muss. Doch was gibt es besseres, als eine Gruppe voller lachender Gesichter nach einem unvergesslichen Tag am Berg.
„Aktuell ist es mir zum Beispiel ein immer größeres Anliegen, eigene Erfahrungen und Wissen über das Risiko am Berg neuen Generation weiterzugeben.“
Ob man sie damit vor dem einen oder anderen dummen Fehler, den man selbst erfahren hat, abhalten kann, bleibt fraglich. Aber zumindest sollte die „ältere“ Freeski-Generation die Verantwortung haben, ihre Erfahrung und Achtung vor den Bergen weiterzutragen. Aus diesem Grund gibt es die snowacademy und seit kurzem auch die „Junior Saftey Camps“, und laut Jochen soll auch in den nächsten Jahren in diesem Bereich mehr gearbeitet werden. Denn unser Sport braucht auch eine weitere Generation an enthusiastischen Freeridern, die das fortführen, was wir begonnen haben, wenn wir irgendwann endgültig zu alt für den ganzen schönen „Schmarrn“ sind.