bergstolz

Viva Andorra


andorra-5Es ist der 20. Februar 2011. Bei 20 Grad (über Null wohlgemerkt!) beladen wir in Barcelona direkt unter Palmen unseren Mietwagen mit einer Unmenge an Skibags. Um uns herum nur gutgelaunte Urlauber in Sommeroutfit, die uns reichlich verständnislose Blicke zuwerfen. Unserem Trupp kommen leichte Zweifel, ob unser Plan sich zum Freeriden mal richtig weit in den Süden zu begeben der allerbeste war.

Andorra heißt unser Ziel. Gerade mal 200 Kilometer nördlich von Barcelona in den westlichen Pyrenäen liegt dieser Zwergstaat mit sage und schreibe 85.000 Einwohnern. Doch die blanken Zahlen sprechen durchaus dafür, dass sich hier ein ordentliches Ziel für Skifahrer befinden könnte: 65 Gipfel jenseits der 2.000er Marke gibt es, und der höchste Berg, der Coma Pedrosa, ist stattliche 2.946 Metern hoch. Außerdem findet hier der „Eldorado Freeride“-Contest statt, der als Qualifikation für die Freeride-Worldtour dient. Die werden schließlich schon wissen, was sie tun!

Und so machen sich vier Österreicher bei idealem Badewetter auf den Weg in Richtung Powder. Zumindest hoffen wir das. Mit von der Partie ist Flo „Wigga“ Wieser, 27 Jahre alt, aus Oberhaus in der Nähe von Schladming. Ursprünglich im Freestyle zu Hause, will er jetzt auch im Freeride Gas geben und sattelt von Kicker auf Cliff um. Patrik „Pazi“ Schwaiger, 26 Jahre, alt aus Ramsau am Dachstein kommt ursprünglich aus der Rennszene, tauschte aber bereitwillig den Stangenwald gegen das Freeride-Gelände ein. Ebenfalls aus Ramsau ist der 26-jährige Andy „AK“ Kocher, ein bekanntes Gesicht der Freerideszene. Er war schon in den Freeridemovies „Made in Austria“ Vol.1 und 2 am Start. Der Snowboarder Wolfgang „Kofi“ Kofler aus Gastein komplettiert unser Team.

andorra-1Nach drei Stunden Fahrt erreichen wir den Grenzübergang von Andorra, und die weißen Gipfel im Hintergrund sorgen für eine deutliche Erleichterung: Schnee hat’s also schon mal!
Die Einwohner Andorras leben in der gebirgigen Landschaft oft auf sehr engem Raum zusammen, teilweise herrscht ein geradezu stressiges Stadtleben in den engen Tälern. Andorra ist das einzige Land auf diesem Kontinent, das kein Finanzamt hat. Unserer Urlaubskasse hat das aber keine Erleichterung verschafft, zu verlockend waren all die Paellas und Drinks.

Im nördlichen Teil Andorras, an der französischen Grenze, liegt der Skizirkus von Vallnord – eingerahmt von sensationellen, steilen Bergflanken.
Am nächsten Tag starten wir in der Ortschaft Arinsal mit einem schnellen Kaffee und Croissant in den Tag. Im Skigebiet warten sechs Sessellifte und fünf Schlepplifte, die bis in eine Höhe von 2.600 Meter reichen. Die Saison dauert hier in der Regel von Ende November bis Ende April. Ein Tagesskipass kostet rund 37 Euro. Wir haben einen perfekten Tag mit strahlend blauen Himmel erwischt, auch wenn es mit fünf Grad über Null recht warm ist.
Die Spannung war groß: Was hat Andorra für engagierte Freerider wirklich zu bieten? Erst als der Abend dämmerte, stellen wir unsere Ski vor dem Hotel Balbot ab. Fazit des ersten Tages: Das größtenteils waldfreie Gelände bietet weitläufiges Terrain, coole Jums und lange Abfahrten. Und im Hotel gab es die beste Paella ever!

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Dieser Tag sollte fürs erste auch der letzte sonnige sein, heftige Schneefälle und eisige Temperaturen waren angesagt. Balsam für unsere Freeriderseelen. Bei diesen Verhältnissen – Neuschnee und mäßige Sicht – war tags darauf auch schnell klar, was zu tun ist: Ab in den Wald! Wir fanden eine perfekte Abfahrt in einem Kiefernwald mit gut 400 Höhenmetern. Am Ende ging es bequem auf der Passstraße in zehn Minuten zu Fuß zurück ins Skigebiet. Unzählige Pillows und Powder vom Feinsten – besser geht’s nicht. Nach der langen Zeit in der Heimat ohne vernünftigen Neuschnee stellte sich der Trip in die Pyrenäen als wahrer Glücksgriff heraus. Das wurde abends natürlich standesgemäß mit einem Bier im Whirlpool begossen.
Der dritte Tag stand voll und ganz im Zeichen des Fotografierens, inklusive eines Nacht-Shootings. Diesen Abend fiel das Relaxen also aus, harte Arbeit war angesagt. Fotograf Ralf hatte dafür einen perfekten Platz ausfindig gemacht, und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Kaum jemand ahnt, wie viel harte Arbeit hinter guten Freeridebildern steckt, aber der Aufwand ist durchaus gerechtfertigt. Tagsüber haben wir das restliche Terrain erkundet. Die Sessellifte erschließen bestens weite Powderhänge mit kleinen Rinnen und Cliffs, und trotz einiger Locals fanden wir den ganzen Tag lang unverspurtes Terrain.

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Am nächsten Tag stand dann der Contest an. Nach einem einstündigen Aufstieg auf den Pic de Cataperdis, 2.804 Meter, erreichten wir den Startpunkt. Das Face des Wettkampfhangs war im oberen Teil sehr steil und durchzogen von sehr vielen Rinnen. Das Level des Wettkampfs war extrem hoch: Viele Top-Rider aus Frankreich, Deutschland und Norwegen waren am Start, es gab kaum Stürze.

Flo Wieser ging von unserer Gruppe als erster an den Start. Trotz wenig Contest-Erfahrung war sein Run flüssig und sauber – einen respektablen 11. Platz gab es für ihn. Als Nächster startete unser Snowboarder Wolfgang Kofler. Ein Sturz in einer Rinne verhinderte eine bessere Platzierung, er landete auf Rang 16. Andy Kocher wählte einen Rücken mit einem mächtigen 12-Meter-Cliffjump in eine Rinne hinein für seinen Run. Als bester Österreicher erreichte er den 7. Platz. Patrik Schwaiger hatte Glück im Unglück: Er sprang ein hohes Cliff zu weit links und verfehlte bei der Landung nur um Haaresbreite eine Steinplatte. Die Folge war ein Überschlag bei der Landung, dann knallte er mit voller Wucht kopfüber in eine Felswand. Helm kaputt, Kopf zum Glück unversehrt.

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Den Tag ließen wir bei der Riderparty ausklingen. Es ist immer wieder ein großer Spaß mit Freunden aus der Freerideszene zu feiern, so lässt sich auch ein verpasster Platz auf dem Stockerl locker überwinden. Unser Bar-Tipp: Das Ciscos, eine der vielen Bars im alten Ortsteil von Arinsal. So war die Woche schon bald wieder vorüber, und wir machten uns auf den Weg zurück nach Barcelona, wo wir die letzte Nacht verbrachten. Unterm Strich war es eine winterliche und erfolgreiche Woche in Andorra. Das Gebiet hat extrem viel Freeride- und Big Mountain-Potenzial.
Für das nächste Mal haben wir auch schon einen Plan. Wir haben einen Heliport entdeckt, und wenn wir genug Geld zusammen haben, sollte man hier beim Heliskiing mächtig Spaß haben...

Die Sieger des 3-Sterne-FWQ „Eldorado Freeride“ in Val Nord, Andorra
Ski Frauen Ski Männer
1. Anja Bolberg 1. Richard Amacker
2. Elisabeth Schmölz 2. Arnaud Cottet
3. Melissa Presslaber 3. Tino Schiffer
Snowboard Frauen Snowboard Männer
1. Andrea Arcagni 1. Ludovic Guillot-Diat
2. Mikaela Hollsten 2. Bruno de la Barrera
3. Estelle Lecomte 3. Simon Favez

Text: Andy Kocher
Fotos: Ralf Hochhauser


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