Rider Profile - Elisabeth Gerritzen
Wenn man Elisabeth Gerritzen sozusagen „in zivil“ trifft, kann man es kaum glauben, dass die nur 1,60 Meter große zierliche Schweizerin so dermaßen brachial Ski fährt. Auch auf der Freeride World Tour fällt sie durch ihren flüssigen Fahrstil und ihre Vorliebe für hohe Sprünge auf. „Beim Springen bekomme ich einfach am meisten Adrenalin“, sagt sie in einem Interview der Online-Videoserie „Road to Verbier“ aus der vergangenen Saison..
„Ich möchte nicht meine Leichtigkeit und Leidenschaft für den Sport verlieren“
„Ich war zwei oder drei Jahre alt als ich zum ersten Mal Ski gefahren bin, nicht mal meine Eltern wissen das noch genau. Aber ich war immer ein ziemlich kleines Kind, so haben andere Leute auf der Piste immer ziemlich seltsam geschaut, wenn sie mich gesehen haben“, erinnert sich die 23jährige. Danach folgte eine klassische Skifahrerausbildung, zumindest bis sie 14 Jahre alt war: „Ich denke, dass ich schon in der Skischule in Verbier den Wettbewerb lieben gelernt habe. Ich mochte es schon damals, meine Skills mit denen der anderen Kinder zu vergleichen.“ Logische Konsequenz war der Schritt in den alpinen Rennsport, allerdings blieb Elisabeth nicht sehr lange dabei.
Schon mit 14 Jahren – “im Gegensatz zu vielen passionierten Skifahrern also ziemlich früh” – hängte sie die Race-Ski an den Nagel. „Einerseits war ich nicht sehr gut, das war ziemlich schlecht für meine Motivation“, gibt sie freimütig zu, „andererseits hatte ich Freeriding damals schon entdeckt. Wenn du in Verbier aufwächst, ist es schwer, vom Freeriden nicht begeistert zu sein.“Renntraining erschien ihr ab diesem Zeitpunkt als langweilig: „Kreatives Skifahren geht anders.“ Auf die Frage, ob sie ein Idol oder Vorbild habe, war die Antwort eindeutig: „Das ist einfach, Angel Collison, ich mag ihre Einstellung und ihre unglaubliche Technik.“
Zu diesem Zeitpunkt hätte Elisabeth nie damit gerechnet, sich nur wenige Jahre später Hals über Kopf wieder in ein Wettkampfformat zu stürzen. „Ich habe die Mentalität und Einstellung regelrecht gehasst, die man zum Rennfahren braucht. Jegliche Art von Ski-Wettkampf war für mich vollkommen undenkbar damals, was ich nämlich am meisten am Freeriden mag, ist, dass es mich zwingt, meine Komfortzone zu verlassen. Ich spreche nicht davon, unnötige Risiken einzugehen; wenn man als Skifahrer Fortschritte machen will, muss man ständig nach der richtigen Balance zwischen Risiko und Fortschritt suchen.“ Und dennoch meldete sie sich zum ersten Stop der Freeride Junior Tour, der je in Verbier stattfand, an: „Das war 2011 und ich war einfach zu neugierig. Kurz gesagt lief es an diesem Tag ziemlich schlecht für mich, aber im Jahr darauf war ich für die komplette Tour angemeldet.“
Diese Saison in der FJT lief dafür ziemlich gut für Elisabeth Gerritzen: Sie holte sich den Gesamtsieg. Anschließend überschlugen sich die Ereignisse beinahe: Nach nur drei Jahren auf der World Qualifier Tour bekam sie einen Spot im Konzert der Großen, auf der Freeride World Tour. Das war 2015, und mittlerweile startet sie in ihre dritte Saison. Schon im vergangenen Jahr konnte sie die Judges in Andorra überzeugen und holte sich einen Podiumsplatz beim Stop der FWT in Vallnord-Arcalìs.
Es ist davon auszugehen, dass noch etliche folgen werden. Elisabeth Gerritzen wird ihren Bachelor in International Relations diesen Sommer auf der University of Geneva machen. „Ich hoffe, dass ich so lange wie möglich studieren kann. Das ist der einzige ‚Job‘, in dem ich so viel Ski fahren kann, wie ich will, der aber in der Off-Season trotzdem mein Gehirn auf Trab hält. In der kommenden Saison möchte ich mehr fahren wie es mir Spaß macht, ich möchte mich nicht auf das konzentrieren, was andere von mir erwarten. So „Free“ die Community auch sein mag, es ist sehr anstrengend immer auf dem neusten Stand zu bleiben und sich nach anderen zu richten. Im Allgemeinen möchte ich nicht meine Leichtigkeit und Leidenschaft für den Sport verlieren, auch noch in Zukunft will ich Skifahren, weil es mir Spaß macht. Wettbewerbe und Verträge sind dabei meiner Leidenschaft untergeordnet.“