Südtirol - Rosadira Bike Festival
Manche Spots versuchen es allen recht zu machen, verwässern dadurch ihr Profil, vernachlässigen ihre Stärken und das Ergebnis ist eine enttäuschende Mischung aus ungenutztem Potential und erzwungener Marketing-Identität.
Das Rosadira Bike Festival in Welschnofen macht es anders. Weniger Marketing-Sprache - mehr Wurzeln und Natur. Ein gebauter Flowtrail unter der Gondel, der Abhilfe schafft, wenn man eine Portion Anlieger, Tables und lautes Gejohle ins Tal braucht. Gut geeignet damit auch Anfänger ihre ersten Meter in einer kontrollierten Umgebung machen können, bevor sie sich ins Gelände begeben. Der Rest im Eggental und den Nachbartälern ist sorgfältig angelegt und fügt sich in die Natur ein. Hier wird glücklich, wer genau das sucht. Authentische Trails statt breiten Flow-Autobahnen. Das Ergebnis ist eine Bikeregion, welche sich sicher ist, was sie kann und was sie will. Authentisch eben. Das macht Rosadira Bike besonders. Eine Region, wo sich Biker wohl fühlen, für die weniger der Look und das Marketing als das Mountainbiken selbst zählt. Rosengarten heißt das Massiv, an dessen Fuße sich die Trails befinden, die wir in vier Tagen erkundet haben. Das Trailnetz ist logisch, gut angebunden und hat für alle Lungenvolumen und Level an Fahrkönnen Potential. Kommen wir zu den Trails: Wir entscheiden uns für die Trail-Umrundung des Latemar. Ein beeindruckendes Massiv, direkt neben dem Rosengarten. Die Trails hinunter ins Val di Fassa sind sehr naturbelassen, schmal und können je nach Tempo und Linienwahl auch sehr fordernd werden. Es wundert einen nicht, dass talabwärts die EWS, die Champions-League der Mountainbiker, einen Stopp einlegt. Wir johlen uns ins Tal und denken uns: Das ist Mountain-biken. Zurück auf die Passhöhe an der Laner Alp bringt uns ein Shuttle, welches allerdings nur nötig ist, weil die Bahnen noch nicht fahren. Von hier geht es weiter: mehrere Rampen treiben den Puls in die Höhe bevor wir mit Trails bis Welschnofen belohnt werden. Zwei Runden auf dem Flow Trail unter der Carezza Bahn runden den Tag ab und lassen uns sehnsüchtig an das Abendessen denken. Das bekommen wir im Bike- und Biohotel Steineggerhof. Auch hier: Bike und Bio sind keine Marketingbegriffe, die leichtfertig verpasst werden. Hier werden sie gelebt. Das Essen ist etwas Besonderes, Bio, aus dem eigenen Kräuter-garten und vor allem: zum Großteil vegan. Für den Haupt-gang gibt es eine Variante mit Fleisch, natürlich lokal und Bio, der Rest zeigt, was vegetarische und vegane Küche in-zwischen kann und überzeugt selbst Eingefleischte. Familie Resch, die Betreiber des Hotels, stehen voller Überzeugung hinter ihrem Konzept und die Leidenschaft überträgt sich.
Das Ziel, am Rosengarten eine spezielle Mountainbike Region zu entwickeln, steckt noch in den Kinderschuhen. Das durch die Landschaft gebotene Potential ist riesig. Obwohl das Wegerecht in Südtirol sehr liberal ausgelegt wird, steht die Bevölkerung nicht gesammelt hinter der Sportart Mountainbike. Die Vertreter der Tourismusver-bände in Südtirol und im Eggental versuchen hier, Über-zeugungsarbeit pro Bike zu leisten. Bei einem Glas Südtiroler Blauburgunder erzählen sie von vielen Verhand-lungen mit Grundbesitzern und Bergbahnbetreibern. Dort geht es Stück für Stück voran und es wird an einem naturverträglichen Wegenetz für Mountainbiker und Wanderer gearbeitet, dass die Interessen der einheimischen Bevölkerung nicht hinten anstellen soll. Die Region ist etwas Besonderes, ist authentisch und wir sind sehr gespannt, wie die Entwicklung in der Zukunft voran geht.
Text: Thomas Guthörl / Foto: Ivan Goller