A Freerider's Dream – Hochgurgl - Obergurgl
Die höchste Bergstation befindet sich auf 3.080 Meter, Freeride Klassiker wie das Königstal, der Blick zu den fernen Dolomiten und den nahen Hängegletschern. Gurgl ist einen Besuch wert und bietet ideale Voraussetzungen für perfekte Bedingungen von November bis Mai. Ganz am Ende des Ötztals findet sich dieser Diamant eines Skigebiets.
Doch erstmal ein Flashback:
Eine gewisse Nervosität liegt in der Luft. Wir alle sehen den Hang nur bis zur ersten Geländekante, die Finish Area ist wirklich weit unten. Die Rider treten auf der Stelle, manche singen nervös vor sich hin, andere sind ganz in sich versunken. Von der Hohen Mut Alm hören wir Fragmente des Live Kommentars.
Wir schreiben 2014 und das ist der erste 4* Open Faces Freeride World Qualifier am Hangerer. Selten ist die Stimmung am Startgate so angespannt. Eigentlich sind die Voraussetzungen perfekt: Powder, gutes Wetter, stabile Bedingungen und ein extrem steiles Face. Aber es gibt noch keine Video Referenzen, was auf diesem Berg alles möglich ist. Wie viel Sluff ist zu erwarten? Ist das Face tatsächlich so steil, wie es aussieht? Wie weit oder eng sind die Rinnen? Wie lang oder kurz die Landezonen? Trotz der Vorläufer bleiben Unsicherheiten.
An diesem Tag gelingt Fabian Lentsch eine unglaubliche Line, scheinbar mehr in der Luft als am Boden. Mit dieser Fahrt sorgt er international für Furore und löst bei diesem letzten 4* Contest in der europäischen Saison das Ticket für die Freeride World Tour, wie es einige nach ihm am Hangerer auch getan haben.
Für mich selbst war und ist der Hangerer eines der schönsten und spektakulärsten Contest Faces. Ich durfte mir hier zweimal das Ticket für die Freeride World Tour sichern, so wie auch 2019 Tao Kreibich und im Jahr davor Konstantin Ottner. Aber Gurgl, bestehend aus Hochgurgl und Obergurgl, verbunden mit dem Top Mountain Express, hat noch sehr viel mehr zu bieten. Erst im Lauf der Jahre, seitdem es mich immer wieder hier ans Ende des Ötztals zieht, erschließt sich mir die geniale Vielfältigkeit des Gebiets. Und das abseits von den Massen in Sölden und auf so manchem Gletscher.
Durch die schiere Fläche, die ohne viel Aufstiegsmühen mit den Seilbahnen zugänglich ist, gibt es Freeride Möglichkeiten für jede Könnensstufe und ideale Trainingsbedingungen schon sehr früh in der Saison, also ab November, bis zu den allerletzten Lifttagen im Frühjahr.
Online sind unter www.freeride-obergurgl.at zehn beachtliche Runs, wie das schon erwähnte Königstal, das kleine Königstal und die Schermer Linien, zu finden. Manche der beschriebenen Routen erstrecken sich über mehr als 1.000 Höhenmeter und sind tatsächlich nur etwas für ExpertInnen, aber auch im liftnahen Terrain neben den perfekt präparierten Pisten lässt sich alles finden, was das Freeride Herz begehrt. Und auch wenn man es auf den ersten Blick nicht vermutet: Die Treeruns von Hochgurgl nach Angern sind auch bei Schlechtwetter eine extrem gute Option, und auch bei Obergurgl verstecken sich im unteren Bereich einige Pillows. Nicht zu vergessen: Der Park – bekannt durch die Audi Nines – spielt ebenfalls alle Stückeln.
Wofür Gurgl eigentlich bekannt ist: Hochtouren zu den umliegenden Gletschern, wobei man sich mit den Seilbahnen ein paar Meter ersparen und somit auch mit Freeride Ausrüstung gut zu den spektakulären 3.000ern kommt. In der Umgebung der bekannten Klassiker Granatenkogel und Hochfirst, und der Tour zur Langtalereckhütte gibt es unzählige lohnende Freeride Varianten, wenn man etwas vom Normalweg abweicht. Allerdings ist im hochalpinen Gelände Erfahrung und die richtige Ausrüstung Voraussetzung. Aber man lernt nur beim Machen - somit bietet es sich an, auf die Kompetenz der vor Ort tätigen Berg- und SkiführerInnen zu vertrauen und schon bei der Anfrage um Wissensvermittlung während der Tour zu bitten.
Gurgl ist ein Ort, um den Moment zu genießen und sich Distanz zum Alltag zu verschaffen, die meisten Unterkünfte im Ort sind ziemlich luxuriös, aber jeden Cent wert - mit fabelhafter Küche und großen Spa Bereichen. Oben am Berg sind es das Motorradmuseum mit passender, nordamerikanisch inspirierter Küche beim Top Mountain Crosspoint, gediegene Küche auf der Hohen Mut Alm, Skidoo Shuttle zur stylischen Schönwieshütte, und Schlemmereien auf der Festkogl Alm, die das schaffen. Allein der Aus- und Rundumblick ist einen Besuch des Top Mountain Star bei der Bergstation der Wurmkoglbahn 2 wert.
Immer wieder, wenn man sich langsam die kurvige Straße durch das Ötztal hinaufschraubt, durch Sölden im Schritttempo rollt, in Zwieselstein die Abzweigung nach Vent rechts liegen lässt und dann der Talschluss mit Gurgl zur linken sichtbar wird, kribbelt die Vorfreude aufs nächste Abenteuer im Bauch...
Fabi’s Line: