Biken an der Costa Blanca
Fotos: Ivan Marruecos | Autor: Günter Scholz
Was führt einen im Juni nach Alicante, an der Costa Blanca gelegen, wenn man nicht Engländer und auf dem Weg nach Benidorm ist? Es hat schon über 30 Grad und ist zum Biken eigentlich zu heiß. Trotzdem: Mein genaues Ziel ist Elche, ungefähr 20 Kilometer südwestlich von Alicante, in der sich das Hauptquartier der spanischen Bikemarke Mondraker befindet. Die Newcomer sind in aller Munde, nach dem sie bei der letzten Downhill Weltmeisterschaft in Val di Sole das gesamte Podest abgeräumt haben und mit Danny Hart auch den Weltmeister stellen. Ich hab mir vorgestellt, hier zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: einerseits war mir erzählt worden, dass es in der Region jede Menge spaßige Trails gibt, andererseits wollte ich natürlich auch Mondraker besuchen und die neuesten Bikes ausprobieren.
Ich treffe mich am Morgen mit Rafa bei Mondraker. Seit der Gründung 2001 bauen die Spanier sehr hochwertige und sportliche Mountainbikes. Hervorgegangen ist das Unternehmen aus dem Komponentendistributeur Teambike, der der Importeur für Spanien von so klingenden Namen wie SRAM, Giro, Troy Lee Design, Fizik oder Crankbrothers ist. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen also, um einen Bikehersteller auf die Füße zu stellen. 2002 entstand schließlich die erste Modellserie und in nur 15 Jahren konnte sich Mondraker in der MTB-Szene sehr gut etablieren. Das ist auch unschwer an den bekannten Namen zu erkennen, die mit Mondraker in Verbindung stehen: Fabien Barrel fuhr in den Jahren 2008-2012 für das Subaru Pro MTB Team auf einer Mondraker DH Maschine. Im Jahre 2016 wurde bei der DH Weltmeisterschaft alle drei Podestplätze abgeräumt. 1. Danny Hart, 2. Laury Greenland, 3.Florent Payet. Man investiert hier viel in den Mountainbike Sport, nicht nur im Downhill, sondern auch im XC Worldcup.
Mein erster Programmpunkt ist die Betriebsführung mit Rafa. Als erstes gehen wir durch das Lager - an die 2000 Bikes warten hier auf ihre Auslieferung an die neuen glücklichen Besitzer. Im ersten Stock ist die Fertigung untergebracht, es wird hier alles selbst gemacht – an mehreren Montageplätzen wird jedes Bike einzeln und von Hand zusammengeschraubt. Selbst die Laufräder werden hier noch von Hand eingespeicht. Es herrscht gerade Hochbetrieb, die ersten 2018er Modelle werden schon zusammengebaut und kommen dann ins Fotostudio für den neuen Katalog. Im Showroom steht das Weltmeisterbike von Danny Hart gemeinsam mit ein paar ersten 2018er Modellen herum. Spannend auch die R&D-Abteilung, in der mit Hochdruck an neuen Rahmenkonzepten und ONoff Komponenten gearbeitet wird. Ziemlich beeindruckend, dass hier trotz des großen internationalen Erfolgs immer noch alles im Haus und von Hand erledigt wird.
Als Tagesabschluss haben Rafa und Ivan geplant, mir ihren After-Work-Testride Spot zu zeigen. Die kleine Ausfahrt kommt mir absolut gelegen, ein bisschen Bewegung kann nicht schaden. Wir fahren aus dem Industriegebiet raus und sind nach wenigen Hundert Metern schon raus aus der Stadt. Das Thermometer steht zwar bereits bei 27 Grad, aber vom Meer her bläst eine angenehme Brise. Das Gelände hier ist rough, staubig, steinig und verblockt. Insgesamt sind es eher Hügel, wo es aber ständig 100 Höhenmeter maximal hochgeht und dann wieder runter. Die Runde ist sehr abwechslungsreich, schnelle Abfahrten wechseln mit kurzen knackigen Anstiegen. So fahren wir eine zwei Stundenrunde, die aber noch jederzeit ausgeweitet werden könnte, da sich hier ein riesiges Wegenetz erstreckt. Den Tag lassen wir bei einem Superessen mit spanischen Spezialitäten und frischem Fisch ausklingen.
Für den kommenden Tag ist eine E-Bike-Tour im Hinterland von Crevillente geplant, der Heimat von Salvador, seines Zeichens Produktmanager bei Mondraker. Er entführt uns hier auf seine Hometrails. Das Serra Crevillente liegt etwas höher, an seinem höchsten Punkt 835 Meter über dem Meeresspiegel. Wir steigen auf unsere E-Bikes auf und ich bin richtig froh, dass es ein EBike ist. Denn es hat schon über 30 Grad und es gibt weder Bäume noch Schatten – absolut nichts davon! Der Anstieg ist sehr steil und die Sonne brennt gnadenlos runter. Nach einer Stunde Auffahrt biegen wir dann endlich in den ersten Trail ein. Ich mein ich bin im Hochgebirge der Dolomiten unterwegs! Das Gelände ist sehr felsig und verblockt, jetzt weiß ich auch, warum die Fahrwerke der Mondraker Bikes so gut abgestimmt sind - Salvador erzählt mir, dass sie hier die Fahrwerkstest vornehmen. Der Trail ist richtig schnell und so ballern wir etwa 200 Höhenmeter hinunter. Unten angekommen befinden wir uns auf einem Hochplateau, von wo aus wir durch eine Mandelplantage fahren. Es geht kurz wieder den Berg hoch, dann biegen wir in einen Trail ein, der teilweise sehr steil und ausgesetzt ist. Unten geht es durch ausgeschäumte Felsen eine Engstelle hinunter, die so eng ist, dass man das Bike vor sich herschieben muss. Am Ende rollen wir wieder zurück hinunter nach Crevillente. Es war eine sehr schöne Tour, das wilde und karstige Gelände hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Zurück in Elche belohnen wir uns für die Mühen des Tages mit der besten Paella weit und breit. Der Kellner bringt eine riesige Pfanne und hier ist sie nun, eine Wahnsinns Paella mit Muscheln, Hase und Paprika. Das war ohne Übertreibung die beste Paella, die ich je in meinem Leben gegessen habe. Das Lokal war übrigens passend gewählt: Meine Begleiter erklären mir, dass sich die Mountainbiker der Region jedes Wochenende nach der Tour (die wir am ersten Tag unternommen haben) hier zum Paella essen treffen.
Am späten Nachmittag fahren wir noch ans Meer bei Santa Pola und schießen ein paar schöne Fotos an der Steilküste. Das gemütliche und relaxte Ende eines genialen Tages…
Auch am kommenden Tag geht’s auf nach Santa Pola. Am Hafen essen wir richtig guten Fisch. Wir sehen die Fährboote, die einen in einer halbstündigen Überfahrt auf die kleine vorgelagerte Insel Tabarca bringen. Dort gibt es jede Menge ausgezeichnete Restaurants, am Ruhetag wäre das auf jeden Fall einen Ausflug wert. Noch mehr anderweitige Beschäftigung gibt’s nördlich von Santa Pola. Dank des immer gut gehenden Windes lässt es sich hier hervorragend Wind- oder Kitesurfen, wer es lieber motorisiert mag, kann sich auch einen Jetski ausleihen.
Wir fahren wieder zurück nach Elche und ich verabschiede mich von Rafa, der in sein wohlverdientes Wochenende geht. Da ich noch einen Tag Zeit habe, erkundige mich schon mal welche Möglichkeiten es gibt an den Strand zu kommen. Wenn ich schon mal hier bin, dann sollte sich ein halber Badetag auch noch ausgehen, bevor ich am Nachmittag zum Flughafen aufbreche. Ich mach mich also am nächsten Tag in der Früh mit dem Linienbus die 20 Kilometer auf den Weg ans Meer, genauer gesagt nach Arenalles. Hier ist ein wunderschöner Sandstrand mit Dünen und einigen kleinen Lokalen direkt am Strand, wo man kleine gegrillte Sardinen bekommt, dazu natürlich eine super Sangria. Danach legt man sich genüsslich an den Strand und lässt sich die Sonne auf den Pelz scheinen, während man ein kurzes Resümee zieht. Man kann hier auf jeden Fall mehr machen als nur biken, das kann man allerdings richtig gut hier. Ich denke, die Costa Blanca wird mich wiedersehen. Vamos a la playa!