Rider Profile - Florian Nicolai
Ein Endurofahrer, über den gesagt wird, dass er ein “unglaublich schnelles Alien auf einem Bike” sei (Brian Park), dem Profi-Kollegen mit Aussagen wie “Ich verstehe nicht einmal die Hälfte von dem, was er da macht. Aber es macht Spaß, zuzuschauen.” (Jesse Melamed) Respekt zollen, der eine Katze namens “Mega, benannt nach Megavalanche” sein Haustier nennt – das ist Flo Nicolai.
“Ich habe meine Berufung zum Beruf machen können”
Dem 27-jährigen Franzosen, der aus Levens in der Nähe von Nizza an der Côte d’Azur stammt, wurde die Liebe zum Biken praktisch in die Wiege gelegt: „Mein Vater gab mir die Möglichkeit, diesen Sport nicht nur kennen, sondern lieben zu lernen. Von ihm habe ich die Leidenschaft fürs Biken mitbekommen“, erzählt er. „Manchmal ist es für mich immer noch vollkommen unglaublich, dass ich aus meiner Passion einen Beruf machen konnte.“
Während viele Endurofahrer noch ursprünglich aus dem Downhill- oder dem Crosscountry-Bereich kommen und erst später ins Enduro-Lager wechseln, ist Flo Nicolai einer der ersten EWS-Piloten, der von Anfang an und schon immer Enduro gefahren ist. Kein Wunder, dass er zeit seiner Profi-Karriere ganz vorne im Feld zu finden war. Zu Beginn - noch auf Rocky Mountain - holte er einen vierten und fünften Gesamtrang in der Enduro World Series, 2018 dann mit neuem Bike und Team endlich den lang ersehnten Podiumsplatz, ein dritter Gesamtrang in der EWS.
Auf der Strecke liebt er technische Herausforderungen: „Besonders richtig enge Kurven“, präzisiert er schmunzelnd. „Überhaupt finde ich, dass Enduro alle Spielarten des Mountainbikens super kombiniert. Das macht mir Spaß.“ Und Spaß hatte Florian Nicolai 2019 auf den EWS-Stages dieser Welt tatsächlich. Um gerade mal 40 Pünktchen musste er sich nach dem EWS Finale seinem australischen Konkurrenten Sam Hill geschlagen geben – der Vizeweltmeister war dennoch ein großer Erfolg.
Was Beobachtern schon 2016 klar war: „Flo ist immer hungrig. Obwohl er super Resultate eingefahren hat, macht es immer den Eindruck, als ob er noch mehr wolle.“ Und das sollte sich auch am Ende der so erfolgreichen 2019er Saison bewahrheiten. Er wechselte das Team und ist seither für Trek Factory Racing am Start. „Ich muss mich weiterentwickeln und was Neues ausprobieren“, erklärt er. „Klar, für mich ist das eine große Challenge – zum ersten Mal fahre ich für ein Team, das ausschließlich Englisch spricht. Aber das ist genau, was ich wollte: Aus meiner Komfortzone kommen.“
Dass die aktuelle Saison komplett anders aussehen sollte als noch letzten Herbst erwartet, konnte niemand ahnen. So verlängerte auch Flo das Off-Season-Training bis in den August hinein: „Es fühlt sich sehr seltsam an, wie eine sehr lange Winter-Vorbereitung. Ich bin aber gespannt, wie mein Level beim ersten EWS-Start in Zermatt sein wird.“ Tja – bei Regen und Schnee lief es mit einem 13. Platz nicht nach Wunsch. „Für mich ist es dieses Jahr sehr schwer, weil der Rennkalender so kompakt ist. Ich bevorzuge eigentlich eine Saison, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, das ändert meine Vorbereitung schon sehr.“ Die Resultate im vorderen Feld sollen sich aber bei den Rennen in Italien wieder einstellen. 2020 wird von der EWS nur die Team-Wertung vergeben, es bleiben noch Bewerbe in Pietra Ligure und Finale Ligure. Flo bleibt positiv: „Ich mag die Rennen in Italien. Die Atmosphäre und die Zuschauer dort sind einfach unglaublich.“
Es fällt einem nicht schwer sich vorzustellen, was Flo Nicolai machen wird, sollte es wider Erwarten doch nicht nach Wunsch laufen: Heim nach Nizza ans Meer fahren, und anschließend stärker denn je zurückkommen. Denn: „Es ist mein absolutes Glück, dass ich meine Leidenschaft ausleben darf.“