bergstolz

Iceland


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Island-Trip Nr. 9, Frühjahr 2020.
Nichts geht mehr. Alle vier Räder drehen durch. Was anderes bleibt ihnen auch nicht übrig, denn der Unterboden unseres Allradlers liegt komplett im Tiefschnee auf. Es ist ein Uhr nachts und der Wind bläst mit acht Windstärken. Wir haben 400 der geplanten 430 Kilometer hinter uns. Unser Ziel, das Örtchen Olafsfjördur, liegt keine zehn Kilometer Luftlinie entfernt. Bis vorhin konnten wir noch Sterne, Vollmond und Polarlichter bestaunen, die Straße war problemlos zu befahren. Doch binnen weniger Kilometer hat sich das Wetter komplett gedreht und jetzt stecken wir mitten in einem Blizzard fest.
Normalerweise sind die Isländer wahre Meister im Freihalten winterlicher Straßen, doch seit Mitternacht hat der Räumdienst wohl Feierabend. Längst ist die Straße nur noch einspurig frei gehalten, links und rechts türmen sich mannshoch die ausgefrästen Schneewände. Eben noch haben wir eine kleine Ansiedlung passiert, als unsere wage Fahrspur abrupt endet. Hier hat wohl der Schneepflug final den Rückwärtsgang eingelegt. Das würden wir ebenfalls gern, doch leider sehen wir weder Schnee noch Straße im Display der Rückfahrkamera, sondern gelb. An unserer Anhängerkupplung hängt ein Miniwohnwagen des isländischen Herstellers Mink Camper, der uns in der nächsten Woche das Hotelzimmer ersetzen soll. Die Versuche, rückwärts zu fahren, scheitern an mangelnder Sicht und mangelndem Fahrkönnen im Hängerbetrieb. Theoretisch könnten wir einfach an Ort und Stelle in den Wohnwagen krabbeln, die Standheizung anwerfen und auf bessere Zeiten hoffen, doch praktisch trauen wir uns das nicht, da uns Schneefall und Wind in kürzester Zeit »unsichtbar« für den nächsten Schneepflug machen würden.
Also kramen wir unsere Lawinenschaufeln aus dem Gepäck, setzen die Skibrillen auf und stellen uns den Elementen. Erstmal Platz schaffen für den abgekoppelten Hänger und dann rund ums Auto den Schnee soweit abtragen, dass wir wenden können. Nach einer Stunde Handarbeit im Whiteout steht das Gefährt schließlich um 180 Grad gedreht auf der immer weiter zuschneienden Straße. Bei der neuerlichen Eingabe unseres Ziels ins Navi wählen wir nun die »sichere« Route im Inland. Macht 180 Kilometer extra bitteschön. Island im Winter fordert seinen Tribut. Dass es eine Homepage namens www.road.is gibt, die nahezu in Echtzeit über alle offenen und gesperrten Straßen informiert, war uns in der Hektik der Anreise entfallen. In den Folgetagen setzen wir uns nicht mehr ans Steuer, bevor wir nicht diese unverzichtbare Quelle konsultiert haben.


Camping im Winter?
Als wir in einem wieder mal recht dürftigen Alpenwinter unsere Pläne für eine Islandreise im März schmiedeten, konnten wir noch nicht ahnen, dass der Winter im Norden derart die Spendierhosen an hat. Der Grund dafür ist der enorm starke Polarwirbel über dem Nordpol, welcher die Tiefdruckgebiete über Grönland bündelt und sie wie an einer Perlenschnur gen Island schickt. In der Folge schneite es von Dezember bis Februar gefühlt durch und der Schnee reicht auch jetzt noch direkt runter bis ans Meer, wo die Wellen an einer stellenweise fünf Meter dicken Schneedecke nagen. Die Nacht im Mink Camper ist kurz und stürmisch – aber gemütlich. Im Grunde ist der Mink ein Bett auf Rädern mit Außen küche. Bei der Buchung des Mink hatten wir ungefähr folgendes Bild vor Augen: Geparkt nahe einer der vielen heißen Quellen Islands, bollert innen die Standheizung, während der von einer langen Skitour geschaffte Körper auf der Latexmatratze ruht und durch das verglaste Dach die Polarlichter bestaunt. Dieser Idealvorstellung kommen wir, soviel sei verraten, nicht einmal nahe. Der beständig fallende Schnee ist das eine, viel unangenehmer ist jedoch der damit einhergehende Sturm. Ein Öffnen der Türen ist nur sehr vorsichtig möglich und bringt immer eine Portion Schnee direkt ins Bett mit sich. So rücken wir schon an Tag zwei von unserem Plan ab und mieten uns ein Blockhaus in Olafsfjördur. Der Mink übernimmt fortan einfach den Materialtransport unserer üppig bemessenen Skiausrüstung. Der kleine Ort liegt direkt am Meer auf der sogenannten Trollhalbinsel zwischen Akureyri und Varmahlid und ist umgeben von den besten Skitourenbergen Islands. Wohin das Auge blickt: Aufstiege und Abfahrten in allen Expositionen, von 1500 Metern bis direkt runter ans Meer. Schon fünf Minuten auf Google Earth offenbaren das enorme Potential der Region und schnell hat man die erste Tourenwunschliste voll. Wer wollte, könnte sogar ein Surfbrett mitbringen, denn der Fjord ist der beste Wellenspot Islands und hat durch den Chris-Burkhard-Film »Under the arctic sky« weltweite Berühmtheit erlang.

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Tag 3 empfängt uns, logisch, mit einem veritablen Schneesturm und minimaler Sicht. Also rein ins Auto, vielleicht ist es ja im Landesinneren besser. Wir wollen der vom aktiven Vulkanismus geprägte Myvatn-Region einen Besuch abstatten. Nach einem Zwischenstopp am Godafoss, dem meistfotografierten Wasserfall Nord-Islands, starten wir in der Nähe der Grjótagjá-Höhle zu einer kleinen Skitour. Diese Höhle beher bergt eine heiße Quelle und ist Fans der TV-Serie »Game of Thrones« wohlbekannt. In Staffel 3 plantscht Serienheld Jon Snow darin mit der Wildlingsfrau Ygritte und verliert dabei seine Unschuld. Unser Ziel ist der Tuffring des Hverfjall, welcher zum Vulkan system des nahen Krafla gehört. Bei eisigen Temperaturen marschieren wir quer durch die Pampa und genieße n die Bewegung. Der Gipfel liegt zwar nur 160 Meter über dem Umland und ist beinahe vom Wind blank geweht doch so ein Spaziergang auf Skiern durch eine Mondlandschaft hat seine n Reiz. Aufpassen müssen wir nur vor den Fumarolen, deren heiße Gase die Schneedecke stellenweise aufgeweicht haben und uns immer wieder unvermittelt einbrechen lassen. Mal zehn Zentimeter, mal einen halben Meter. Wir nehmen es mit Humor und hoffen, dass die nächste Spalte nicht tiefer ist.

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Going bananas! Zurück in Olafsfjördur geht das Schneemalheur weiter. Eineinhalb Tage sind wir sogar eingeschneit. Dennoch gehen wir zwischendrin auf Skitour – und zwar zum Supermarkt. Die Bananen sind aus. Eingepackt wie die Polarforscher, stapfen wir durch den Schneesturm. Der Wind weht in Orkanstärke und hat Auto und Hänger neben der Hütte bereits in eine Schneewehe verwandelt. Erst am fünften Tag lässt der Sturm schließlich nach und die Berge rund um Olafsfjördur schälen sich aus der Wolkenwatte. Showtime! Schnell sind wir in den Skischuhen und aus der Hütte. Zum Start der Skitour direkt am Ortsausgang sind es keine zehn Minuten auf Ski. Da die Lawinengefahr nach all dem Schnee und Wind schwer zu beurteilen ist, wählen wir eine sehr konservative Route für den Aufstieg. Dabei entfaltet jeder Höhenmeter einmal mehr die besondere Magie des Skitourengehens. Anfangs schnauft man noch still vor sich hin und versucht seinen Rhythmus zu finden, doch irgendwann überlagert die Aussicht die Anstrengung und zieht einen immer weiter in die Höhe. Das bunte Olafsfjördur schrumpft zusammen wie Legoland, während sich der ausgesetzte Gipfelgrat mit jedem Schritt, den wir ihm näher kommen, als machbarer herausstellt. Und ist das da hinten im Fjord nicht ein Wal? Nach drei Stunden und 1200 Höhenmetern haben wir den Gipfel erreicht. Hier beginnt des Vergnügens zweiter Teil. Schon beim Aufstieg haben wir uns eine Abfahrt ausgesucht und uns die entscheidenden Landmarken, die man von oben sehen kann, zur Orientierung eingeprägt. Und so zeichnen wir nacheinander unsere Linien in den Berg. Möglichst weit geschwungen, flüssig, das Gefälle perfekt ausnutzend, ohne Ecken, Kanten und unnötige Bremsschwünge, stets einen Fluchtpunkt in Reichweite, sollte sich wider Erwarten doch eine Lawine lösen. Noch Tage später werden sie wie ein Gemälde von unserem Spaß am und dem Respekt vor dem Berg künden.

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Höhenmetermaximierung beim Heliskiing
Der einzige Nachteil eine r solchen Skitour? Im Vergleich zum »up« ist man immer viel zu schnell »down«. Und so ziehen wir am letzten Tag der Reise unser e Trumpfkarte: Arctic Heliskiing. Das Unternehmen ist im nahen Dalvik beheimatet, wo Chef Joküll Bergmann vor über einem Jahrzehnt Islands erstes Heliski-Unternehmen gründete. Sie bieten vom Schnuppertag bis zur einwöchigen Luxusreise das volle Programm – und sind dabei noch flexibel genug, uns verkappten Skitourengehern binnen 12 Stunden einen Slot in ihrem Flugplan freizuschaufeln. Die Wege zwischen Startplatz und Gipfel sind auf der Trollhalbinsel minimal und keine fünf Minuten, nachdem wir im Heli Platz genommen haben, stehen wir 1200 Meter über dem Meer. So weit das Auge blickt: perfekte Abfahrten in allen Expositionen und Schwierigkeitsstufen, dazu Schnee satt. Erleichternd kommt hinzu: die Oberschenkel sind noch frisch. Mit maximalem Genuss fliegen wir die Hänge hinab. Ob man dabei möglichst kurze Schwünge macht – das sogenannte Zöpflflechten – oder lieber zwei, drei weite Bögen pro hundert Höhenmeter aneinanderreiht, bleibt jedem selbst überlassen. Für mich gibt es keine Bewegung, die schöner ist. Während es beim Joggen immer etwas dauert, um in den »Flow« zu kommen, beginnt dieser Zustand beim Tiefschneefahren mit dem ersten Schwung. Sofort ist man im Hier und Jetzt und alles, was zählt, ist der nächste perfekte Turn. Vier unvergessliche Abfahrten schaffen wir, bevor es vom Meer her eintrübt und die Sicht schlechter wird. Feierabend! Denn ohne Sonne kein Kontrast und ohne Kontrast kein Skivergnügen – zumindest nicht auf den weiten, baumlosen Hängen Islands. Fünf Minuten späte r sind wir zurück in der Lodge und zehn Minuten später gedusch t und fertig zur Abfahrt. Bei unserer Fahrt gen Reykjavik zieht Island noch einmal alle Register in Sachen Licht und Landschaft. Und so cruisen wir – beseelt von einer sehr abenteuerlichen Woche im Winterwonderland – auf der leeren (und diesmal perfekt geräumten) Ringstraße im warmen Abendlicht gen Süden. Schöner kann ein Roadtrip nicht enden …

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