Rider Profile - JESS MCMILLAN

Geboren und aufgewachsen in Jackson Hole, Wyoming, hatte Jess McMillan nie das Bedürfnis, ihre Heimatstadt zu verlassen: „In Jackson gibt es kein Einkaufszentrum, dafür die Grand Tetons und den Snake River. Ich spielte im Winter im Schnee, fuhr Rennen und sprang über Cliffs. Im Sommer war ich Klettern, Schwimmen und paddelte im Kajak über den Snake River. Mein erstes Konzert habe ich besucht, da war ich schon am College“, lacht sie. „Dennoch: Jackson ist mein Nimmerland, das Tal ist irgendwie magisch! Jeden Morgen, wenn ich beim Aufwachen die Tetons sehe, bin ich der glücklichste Mensch auf Erden!“
„Es gibt keinen schlechten Schnee, nur schlechte Turns”
Ihr Weg zum Freeriden kann durchaus klassisch bezeichnet werden: Jess fuhr Skirennen bis auf College-Level und entdeckte dann die Contest-Szene. Noch heute nennt sie Alberto Tomba als ihr Vorbild: „Er schien das Skifahren immer aufrichtig zu lieben. Und er versuchte immer, über seine Grenzen zu gehen. Obwohl sicher Doug Coombs meine größte Inspiration ist.“
Nach ihrer aktiven Laufbahn begann sie zu coachen. „Ein Freund
erzählte mir von der Freeskiing World Tour und ich beschloss, das
mal zu probieren“, erinnert sie sich. „Mein erster Contest lief vernichtend
schlecht, ich qualifizierte mich gar nicht erst für den
Hauptbewerb. Mir war klar, dass ich mehr Erfahrung brauchte
und fragte die Judges, ob ich als Vorläuferin fahren dürfte. Sie
stimmten zu.“ Dann kam es aber doch etwas anders: Eine Läuferin
fiel aus, Jess rückte auf den freien Startplatz nach und
beendete den Contest als Gesamt-Vierte. „Ich war sofort süchtig!
Für mich waren Contests ein super Weg um zu lernen, mich selbst
zu pushen und zu reisen. Natürlich hab ich das gemacht!“ Bis
heute ist sie die Person, die über die Zeit am meisten Freeride-
Contests gewonnen hat – Männer inbegriffen.
Das dürfte mitunter auch ihrem Heimatort geschuldet sein, die
Dichte an Freeride-Talent ist enorm. Das bestätigt auch Jess: „Ich
habe den Eindruck, dass einen das Terrain in Jackson auf alles
vorbereitet, was es in Sachen Freeride auf der Welt zu entdecken
gibt.“ Und in noch einer Sache scheint Jackson besonders zu sein:
Die Ski/Snowboard-Auseinandersetzung fand ebenso wenig statt
wie eine Mann/Frau-Diskussion. „Ich selbst habe mich immer in
allererster Linie als Athlet gesehen. Die Berge interessiert es
nicht, ob du ein Mann oder eine Frau bist. Dennoch finde ich es
gut, dass die Industrie mittlerweile anzuerkennen scheint, wie
viele Frauen Freeriden.“ Immer noch existiert diese Grenze in
Jackson kaum: „Die Mädchen sind einfach mit den Jungs unterwegs.
Allerdings gibt es zunehmend mehr Angebote speziell für
weibliche Freerider.“
Eines dieser Angebote ist das Women’s Elevate Camp, für das
Jess als Coach tätig ist. „Außerdem betreue ich ein Skitouren-
Camp für Frauen in Chile und Skitouren- bzw. Heliskiing-Gruppen
in Island. Und ich bin Jugendtrainerin in Jackson.“ Jess gibt
liebend gerne Tipps: „Es gibt keinen schlechten Schnee, du musst
nur deine Fahrweise anpassen! Beim Freeriden bekommst du
nicht immer nur hüfttiefen Powder. Schwierige Bedingungen machen
dich erst zum besseren Skifahrer. Viele junge Rider machen
den Fehler, dass sie ihre Linienwahl nicht an die Bedingungen
anpassen, da landest du schneller auf der Nase, als dir lieb ist.
Deshalb sind Freeride-Contests eine gute Schule!“ Sie lässt als
Coach den Funken überspringen, und das spürt man: „Ich finde
es so bereichernd, am Fortschritt eines anderen Teil haben
zu können. Für mich ist das eines der wertvollsten Geschenke.“
Als Kind fühlte sich jeder Tag im Leben der Jess McMillan an wie
ein Abenteuer, und das treibt sie auch heute noch an: „Ich suche
die Herausforderung!“ Die findet sie unter anderem bei den
Warren Miller Filmdrehs: „Jedes Jahr von Neuem muss ich mich
an die großen Cliffdrops Stück für Stück herantasten. Das geht
nicht von heute auf morgen.“ Zusätzlich engagiert sie sich für
I AM PRO SNOW, eine Organisation, die sich gegen den Klimawandel
einsetzt und arbeitet seit letztem Jahr als Events und
Partnerships Manager für Jackson Hole: „Ich liebe meine neue
Aufgabe! Ich konnte einen neuen Event kreieren, das ‚Kings and
Queens of Corbet’s‘, bei dem die Rider entscheiden dürfen, wer
den besten Run geliefert hat.“
Bei so viel Enthusiasmus für ihren Heimatort ist nicht anzunehmen, dass Jess und ihr Mann Fotograf Eric Seymour je irgendwo anders als in Jackson Hole leben werden, zu sehr ist sie hier im wahrsten Sinn des Wortes zuhause. Allerdings ist auch nicht davon auszugehen, dass sie im kommenden Warren Miller Film nicht zu sehen sein wird. Schließlich bereitet sie sich „im besten Gelände der Welt“ auf ihre Herausforderungen vor.










